Seitdem in der Nacht des 4. November 2020 der Terror in Gestalt eines jungen Extremisten nach Wien kam, ist auf der Oberfläche zwar wieder Normalität in die Gassen der Wiener Innenstadt eingekehrt, doch vergessen ist nichts. Im Gegenteil. Alle Polizisten, die in dieser Nacht im Einsatz waren, haben großartige Arbeit geleistet – aber es wurde klar, dass die Spezialeinheiten, welche für Anti-Terror-Einsätze gewappnet sind, “zu lange” brauchen, um an Ort und Stelle zu sein.

Erinnern wir uns: Als das Attentat im November in Wien stattfand, waren es drei “normale” Polizisten, die sich – zwar mit Glock-Pistolen bewaffnet, aber ohne schusssichere Westen oder sonstigen Schutz ihrer eigenen Person – mutig dem mit einem Sturmgewehr bewaffneten Attentäter entgegenstellten. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand wissen, ob und wie viele Mittäter es gab, die ihnen aus einem Eck auflauern könnten, und auch der Sprenggürtel war noch nicht als Attrappe identifiziert worden. Es war das zweite Aufgebot an spezialisierten Polizisten, und zwar die hochprofessionell ausgerüsteten, bestens für eine solche Situation ausgebildeten WEGA-Beamten, die den Angreifer präzise und schnell unschädlich machten und so mit Sicherheit viele Leben retteten. Da war das dritte Aufgebot, die eigentliche Anti-Terror-Einheit Cobra, noch gar nicht zugegen.

SIG: "Abgespeckte" WEGA für alle Bundesländer

Und nicht nur, dass es bis zum Eintreffen der Cobra noch gedauert hätte, auch die WEGA ist keinesfalls eine Standard-Einheit, die bundesweit für Einsätze verfügbar wäre. Wie der Name schon sagt, ist die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung allein für und in der Bundeshauptstadt aktiv. Das führt auch ohne große analytische  Fähigkeiten schnell zu der Erkenntnis, dass es in anderen österreichischen Städten mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als neun Minuten gedauert hätte, bis der Attentäter ausgeschaltet worden wäre. Nicht auszudenken, was das bedeuten würde, wenn ein Terrorist beispielsweise in Salzburg oder Innsbruck oder in einem anderen Bundesland getroffen hätte. In manchen Fällen müsste die Cobra sogar via Hubschrauber zum Einsatzort geflogen werden – und das ist im Ernstfall äußerst problematisch.

Und genau hier setzt der Plan an, neue Spezialeinheiten der Polizei in ganz Österreich zu etablieren. Um sicherzustellen, dass in Zukunft, wann immer es zu brenzligen Situationen kommt, keine wertvolle Zeit verloren geht, wird, so berichtet der “Kurier”,  schon im Herbst eine Art “abgespecktes WEGA-System” namens SIG in allen anderen Bundesländern installiert.  SIG steht für “Schnelle Interventionsgruppe” – ein Name, der für insgesamt 900 Polizisten in acht Bundesländern künftig Programm sein soll. Die eigens für die SIG abgestellten Beamten sollen in den nächsten Monaten neue Aufgaben übernehmen, um so die bislang noch bestehende “Lücke” in der polizeilichen Einsatzkette zu schließen und den Kampf gegen Terror und Verbrechen im ganzen Land weiter zu optimieren und zu stärken.

900 Beamte und 5 Millionen für die neue "Schnelle Interventionsgruppe"

Zu diesem Zweck werden die einzelnen Bundesländer künftig in Sektoren aufgeteilt, in welchen die Beamten ständig mit Fahrzeugen patrouillieren sollen. Die SIG-Einheit soll aber nicht nur für Ausnahmesituationen wie Terroranschläge (die hoffentlich die absolute Ausnahme bleiben werden) zum Einsatz kommen, sondern auch für heikle Festnahmen oder Familienstreitigkeiten mit Waffen zu Hilfe gerufen werden. So sind etwa für Salzburg drei Sektoren in Planung, wodurch dann je eine Funkstreife mit Spezialkräften in der Stadt Salzburg sowie im Norden und Süden des Bundeslandes unterwegs sein könnte.

Die insgesamt 900 Beamten, sind allerdings nicht nur für die neue SIG, sondern auch für die Installation einer zweiten Bereitschaftseinheit vorgesehen: Ein Teil der Polizisten wird ab November von den Bundesländern der SIG zugeordnet, andere wiederum werden schon mit September ebendieser weiteren Bereitschaftseinheit zugeteilt. Bei der zweiten Spezialistentruppe handelt es sich um ein Wiener System, das ebenso auf alle Bundesländer erweitert werden soll. Die zweite Truppe soll vor allem aus jungen, topfitten Beamten bestehen, die bei außerordentlichen und “speziellen” Vorfällen ( die Range reicht hier vom Terroranschlag bis zum Fußballmatch) eventuell auftretende Engpässe bei ihren Kollegen aus den “normalen” Einheiten ausgleichen können. Für dieses neue Projekt hat die Polizei insgesamt fünf Millionen Euro an Budget veranschlagt – um diese stolze Summe aufzubringen, wird aus dem Anti-Terror-Budget geschöpft.