Die Fotos von seiner Verhaftung im August 2017 gingen um die Welt: Der israelische Politikberater Tal Silberstein (55), Gründer des Unternehmens GCS Issue Management Ltd. Die Nachricht von seiner Festnahme schlug in Österreich wie eine Bombe ein: Kurz vor der Nationalratswahl im Oktober 2017 saß der bekannteste Wahlkampfberater der SPÖ, “Mr. Dirty Campaigning”, in einer Zelle. Christian Kern verlor die Wahl. Die 536.000 Euro aus der Parteikassa für Silberstein finden sich garantiert auf der Liste der drei schlechtesten Investitionen der österreichischen Sozialdemokratie.

Tal Silberstein war aber 2017 nicht zum ersten mal in Wien: Auf seine Tipps hörten bereits Michael Häupl, Alfred Gusenbauer  und Werner Faymann. Offen sagte er in einer TV-Doku, wie er einen politischen Gegenspieler vernichten will: “Wir müssen Negativkampagnen gegen ihn starten. Wir müssen ihn von einem sauberen in einen schmutzigen Kandidaten verwandeln.” Ein Drecks-Wahlkampf sollte also den in einer Demokratie üblichen Wettbewerb der besseren politischen Ideen, der besseren Kandidaten auch in Österreich ersetzen.

Politikberater Silberstein sagte offen, wie er wahlkämpfen möchte.

Einladung zur Kampagnen-Besprechung mit Tal Silberstein

Doch nicht nur die Löwelstraße schwörte auf die Hilfe des Mr. Silberstein: Im Sommer 2015 waren offenbar auch die NEOS derart in Nöten, dass sie sich den Spezialisten für Negativkampagnen ausliehen. Der Israeli sollte irgendwie noch schaffen, dass die Pinken ein halbwegs passables Ergebnis bei der kommenden Wien-Wahl am 11. Oktober 2015 schaffen – das Grundvertrauen in die Popularität der damaligen Wien-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger war wohl nicht allzu groß.

Die Kooperation NEOS-Silberstein wurde auch schon bisher von der NEOS-Führung zugegeben. Jetzt zeigen aber bisher nicht bekannte Mails, die der eu-infothek.com und dem eXXpress vorliegen: Die Zusammenarbeit war offenbar wesentlich intensiver als bisher. So wurde etwa auch für den 18. August der innere NEOS-Führungsstab in den “Salon N” ins Hochhaus in der Herrengasse in den ersten Bezirk in Wien eingeladen, um “mit dem externen Berater über die Wien-Kampagne zu sprechen”.

Wahlkämpferin Beate Meinl-Reisinger im Jahr 2015: "Gegen gierige Politik."

Der "externe Berater" in internem NEOS-Mail

Das Mail belegt: Es ging auch bei den NEOS nicht allein um die Gestaltung von Umfragen oder deren Auswertung, sondern ganz konkret um die Wahlkampf-Kampagne. Für alle nachvollziehbar war die NEOS-Kampagne im Spätsommer/Herbst 2015 dann im Stil des Wahlkampf-Pitbulls: Der “aufgeblasene Politapparat” der Wiener SPÖ und die “Steuergeldverschwendung” der Rathaus-Regenten wurde angeprangert – heute finden die NEOS übrigens nichts dabei, mit genau jener derart kritisierten Partei, der SPÖ, die Bundeshauptstadt in einer rot-pinken Koalition zu regieren.

Bei den NEOS sieht man im Thema Silberstein keinen Grund zur Aufregung. NEOS-Sprecher Julian Steiner zum eXXpress: “Silberstein war ganz offiziell unser Berater.” Geld hätte der Wahlkampf-Profi keines bekommen: “Silberstein hätte ein Erfolgshonorar erhalten, wenn wir auf 7 Prozent gekommen wären.” Es wurden am Abend des 11. Oktober 2015 aber nur 6,2 %.

Meinl-Reisinger: "Kein offizieller strategischer Berater"

Die Aussage von Steiner ist interessant – mit der aufgeflogenen Silberstein-Unterstützung konfrontiert sagte Beate Meinl-Reisinger nämlich am 23. Mai 2015 in der Tageszeitung “Die Presse”: “Ein offizieller strategischer Berater ist er nicht.” Jetzt liegt aber eben dieses Mail vom August 2015 vor, in dem klar zu lesen ist: “Unser externer Berater” …

Zumindest war das Silberstein-Gastspiel bei den NEOS kurz, ohne Verhaftung, ohne Skandal. Und die Pinken können sich weiter als supersauber verkaufen.

Der Text im internen NEOS-Mail: Silberstein wird als "Berater" bezeichnet
Setzte auch auf Tal Silberstein: Ex-Kanzler Christian Kern - der SPÖ kostete das Abenteuer 536.000 Euro