Im März wurden Paiewaska und ihr Fahrer in der damals heftig umkämpften Stadt Mariupol von russischen Soldaten verhaftet. Drei Monate saß die Sanitäterin in Einzelhaft. Später sei sie in eine mit 21 anderen Frauen belegte 20 Quadratmeter großen Zelle verlegt worden, erzählte sie der “New York Times”. Seit 17. Juni ist sie endlich wieder in Freiheit.

"Sie haben zu viele amerikanische Filme gesehen"

Nach ihrer Ankunft im Gefängnis habe sie darum gebeten, ein Telefonat führen zu dürfen, berichtet sie der US-Zeitung. Die Antwort der Russen: “Sie haben zu viele amerikanische Filme gesehen”. Und tatsächlich durfte sie die ganze Zeit kein einziges Mal die Stimmen ihrer Liebsten hören.

Gemeinsam mit ihrem Fahrer wurde die Sanitäterin in Mariupol verhaftet

"Ich sollte zugeben, dass ich ein Nazi sei"

In den ersten fünf Tagen habe sie nur ein halbes Glas Wasser pro Tag und nichts zu essen bekommen. Sie sollte ein Geständnis ablegen, wurde stundenlang verhört. “Sie wollten, dass ich zugebe, dass ich ein Nazi war, dass ich einige schlimme Dinge getan und jemanden getötet habe.” Doch Paiewska schwieg und wurde dafür in einen Kerker ohne Matratze geworfen hätten. Zehn Tage nach ihrer Verhaftung wurde von Russland ein Video veröffentlicht. Sie sei dafür während ihrer Haft vor die Kamera gezerrt worden. Auf den Aufnahmen wird sie mit Hitler verglichen und beschuldigt, Kinder als Schutzschilde benutzt zu haben.

Was sie aber tatsächlich gemacht hatte, beweisen Bilder ihrer eigenen Bodycam. Diese sollte Bilder für eine Netflix-Dokumentation aufzeichnen, produziert vom britischen Prinzen Harry. Die Aufnahmen zeigen, wie sie und ihr Team ukrainischen und russischen Soldaten das Leben retteten. Und sie zeigen auch, wie Paiewska zusammenbricht, nachdem Ärzte erfolglos versucht haben, einem Kind das Leben zu retten.

Aufnahmen in einem Tampon aus dem Lang geschmuggelt

Zwei Wochen lang hat die Sanitäterin gefilmt. Sie übergab die Speicherkarte am 15. März einem internationalen Team von Journalisten der amerikanischen Nachrichtenagentur AP. Sie waren die letzten internationalen Journalisten in der Stadt am Asowschen Meer. Die Medienschaffenden schmuggelten die Aufnahmen in einem Tampon aus Mariupol und passierten dabei fünfzehn russische Kontrollpunkte, bis sie in ukrainisch kontrolliertem Gebiet waren, fasst der “Tagesanzeiger” zusammen.

Von den Russen soll Paiewska während der Inhaftierung ein Paar Unterwäsche und eine Hose erhalten haben. Duschen durfte sie nur ein einziges Mal. Zähneputzen gar nicht. In den Gefängnisbüros sollen Bilder von Stalin und zwei führenden Figuren der damaligen Geheimpolizei an der Wand gehangen haben. Häftlinge mussten zudem die russische Hymne singen. Am Tag ihrer Entlassung stülpten ihr Wärter einen Sack über den Kopf. Ohne etwas zu sagen, wurde sie aus Donezk weggebracht.