“Ich befürchte, dass wir Zeugen des größten Flugzeugdiebstahls in der Geschichte der kommerziellen Zivilluftfahrt werden”, sagt Wolodymyr Bilotkatsch, Professor für Luftverkehrsmanagement am Singapore Institute of Technology. Auch der Generaldirektor der EU-Kommission für Transport, Henrik Hololei, beklagt, die in Russland befindlichen Flieger seien “den rechtmäßigen Besitzern gestohlen worden”. 400 Flugzeuge im Wert von rund zehn Milliarden Dollar dürfte verloren sein.

Russland schuf Rechtsgrundlage

Russland schuf auf die Sanktion hin eilig eine Rechtsgrundlage, die eine zwangsläufige Außerbetriebnahme der Maschinen verhindert. Um die notwendigen Sicherheitszertifikate aufrecht zu erhalten, wurden die Leasingflugzeuge in Russland einfach neu registriert. Eine doppelte Registrierung ist nach internationalen Regeln aber nicht zulässig – nach Worten Hololeis ein schwerer Verstoß gegen das Chicagoer Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt.

EU-Kommission verfolgt jedes Flugzeug

Die meisten der Flugzeuge sind auf russischen Inlandsrouten unterwegs. Der internationale Flugverkehr der russischen Airlines ist weitgehend erlahmt – sobald die geleasten Flieger außerhalb Russlands landen, können sie beschlagnahmt werden. Die EU-Kommission verfolgt jede Maschine, die Russland verlässt und arbeitet mit Behörden der Ankunftsländer zusammen, um die Flugzeuge sicherzustellen. “Wir waren sehr erfolgreich, indem wir solche Flugzeuge wieder in Besitz nehmen konnten”, sagt Hololei bei einem Webinar der EU-Luftfahrtbehörde Eurocontrol. Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax wurden vergangene Woche 78 Flieger im Ausland beschlagnahmt.

Schäden in Höhe von 11 Milliarden Dollar drohen

Die Frage ist nun – wer bezahlt den Schaden? Obwohl die Flugzeuge versichert sind, werden die Leasingfirmen wegen der sehr hohen Versicherungssummen nach Einschätzung von Experten jahrelang vor Gericht über Erstattungen streiten. Versicherern und Rückversicherern von Flugzeugleasing-Firmen drohen nach Schätzungen der Ratingagentur Moody’s wegen des Kriegs in der Ukraine 11 Milliarden Dollar Schäden.