Wie gut hat sich Österreich durch die Pandemie navigiert? Wenn man die Politik fragt, so hörte man hier stets (immer wieder wechselnde) Regierungsmitglieder von einer gewissen “Vorbildwirkung” sprechen, die unsere Alpenrepublik im Corona-Management innehabe. Während andere Nationen vermeintlich zu “lasch” oder zu langsam reagiert hätten, sei Österreich stets “vorne dabei” gewesen, wenn es um die Implementierung von Maßnahmen wie Lockdowns und Co. ging. Tatsächlich gehörte Österreich im März 2022 zu den ersten Ländern in Europa, die strenge Ausgangsbeschränkungen verhängten – hier waren wir sogar schneller als Deutschland. Finanzielle Unterstützungen und Kurzarbeitsmodelle wurden ebenso schnell implementiert wie Schließungen veranlasst, und auch in Sachen Impfpflicht – die nun aber ausgesetzt wurde – hatten und haben wir Vorreiter-Status.

Demnach müsste Österreich, wenn man die größten europäischen Länder Europas in Sachen Corona-Management in einen direkten Vergleich setzt, doch gut, wenn nicht gar exzellent abschneiden – oder? Eine aktuelle Auswertung des Schweizer Makroökonomen Stefan Legge von der Universität St.Gallen spricht hier tatsächlich eine sehr andere Sprache.

In sechs Punkten "unterdurchschnittlich" bis "nicht genügend"

Legge maß die Coronapolitik zehn ausgewählter europäischer Länder – Österreich, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Italien, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen und Großbritannien – anhand von sechs Säulen: Wie haben sich die Fallzahlen im Laufe der Pandemie in dem jeweiligen Land entwickelt? Wie stand es um die Übersterblichkeit? Welche Einschränkungen gab es im öffentlichen, welche im privaten Leben? Wie entwickelte ich die Wirtschaft – Stichwort Wirtschaftswachstum – in diesen herausfordernden Zeiten? Wie hat sich die Fiskalpolitik im Land entwickelt, und – laszt but not least – wie stand bzw. steht es um die Inflation?

Nach einer Auswertung dieser Maßstäbe wird schnell klar – in der Pandemie haben sich manche europäische Länder eindeutig besser geschlagen, als andere. Und Österreich hat sich- zumindest nach Einschätzung des Schweizer Ökonomen – nicht als Musterschüler bewiesen. Ein Blick auf die Zahlen sieht eher nach Nachzipf aus…

Siebter Platz bei Fallzahlen, Übersterblichkeit und Einschränkungen

Rechnet man die kumulierten Infektionszahlen seit Ausbruch der Pandemie bis zum 14. März 2022 auf eine Million Einwohner hoch, so ergibt sich für Österreich ein Wert von 352 551 – kein gerade glänzendes Ergebnis, das der Alpenrepublik im Zehn-Länder-Vergleich den siebten Platz beschert.  Schlechter schneiden hier nur die Schweiz, Liechtenstein und Dänemark ab – die Top Drei bilden wiederum Deutschland auf Platz 1, Italien auf Platz 2 und – für viele womöglich überraschend – Schweden auf Platz 3!

Auch bei der Übersterblichkeit der Bevölkerung (8,33 Prozent) und der Härte der Einschränkungen findet sich Österreich mit Platz Sieben konstant im unteren Mittelfeld wieder. Bei der Übersterblichkeit schneiden nur Liechtenstein (8,62 Prozent), Großbritannien (10,09 Prozent) und Italien (13m05 Prozent) schlechter ab als Österreich. Die besten Werte und damit die geringste Übersterblichkeit hatten hier die Norweger und die Dänen (ex aequo bei 1,15 Prozent) sowie die Deutschen (4,09 Prozent).

Was das Ausmaß der Einschränkungen betrifft, wird es vor allem Maßnahmenkritiker wenig verwundern, dass Österreich hier unter den strengsten Ländern rangiert. Gemessen an den Maximen des sogennanten “Oxford Stringency Index”, der bewertet, wie streng die staatlichen Einschränkungen im Rahmen der Coronabekämpfung waren, erhalten die jeweiligen Maßnahmen der Länder eine Bewertung zwischen 0 und 100. Dabei gilt: Je höher der Wert, desto strenger die Maßnahmen. Mit einem Wert von 57,96 rangiert Österreich auch hier auf Platz Sieben, strenger hielten es nur Frankreich (61,12), Deutschland (63,92) und – am allerstrengsten – Italien mit einem Index von 70,57. Am lockersten hielten es die Liechtensteiner (45,57), die Norweger (45,76) und die Dänen (46,44).

Besonders schlechtes Zeugnis beim Wirtschaftswachstum

Den schlechtesten Wert in diesem Vergleich fährt Österreich tatsächlich beim Wirtschaftswachstum während der Pandemie ein: Legge misst dies anhand des Einbruchs des jeweiligen Brutto-Inlandsprodukts (BIP) der Vergleichsländer, und hier rangiert Österreich mit einem Minus von 2,99 tatsächlich hinter Frankreich (-2,40) am vorletzten (9.) Platz. Schlechter als Österreich schneiden hier nur die Briten mit -3,48 beim BIP ab. Am robustesten zeigte sich die Wirtschaft der Norweger mit minus 0,04 und die der Schweizer und der Liechtensteiner (ex aequo bei -0,40).

Nur geringfügig besser schlug sich Österreich in Sachen Fiskalpolitik und Inflation – in beiden Punkten belegen wir den 8. Platz. Der erstere Wert bezeichnet, wie viel finanzielle Unterstützung die Wirtschaft des jeweiligen Landes während der Pandemie benötigte. Am wenigsten brauchten hier Liechtenstein, Norwegen und Großbritannien – am meisten eben Österreich, Deutschland und – am allermeisten – die Schweden.

Was die Inflation anbelangt war die Teuerung in Österreich mit 5,44 Prozent unter den höchsten, nur bei den Briten (5,71) und den Norwegern (6,83) war es schlimmer. Am wenigsten aufs Börserl drückte Corona in der Schweiz (0,70), in Liechtenstein (1,10) und in Frankeich (2,73).