Der angeklagte Politiker und der ebenso beschuldigte Unternehmer werden heute noch nervenaufreibende Stunden im Wiener Landesgericht durchleben müssen: Nach den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger wird sich die Richterin zurückziehen – und am Nachmittag ihre Entscheidung verkünden: Falls sie trotz keines einzigen Belastungszeugen meint, Heinz-Christian Strache könne tatsächlich Korruption nachgewiesen werden, dann droht dem Ex-FPÖ-Chef eine Haftstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren.

Eine Verurteilung sei aber aus mehreren Gründen eher unwahrscheinlich, meinen Gerichtskiebitze, die den Prozess verfolgt haben: Erstens fehlt noch immer ein Motiv, warum sich der seit langem ausgesprochen gut verdienende Strache auf eine mögliche Korruption mit Beträgen von 10.000 und 2000 Euro einlassen hätte sollen. Zweitens: Diese Summen flossen nie an ihn persönlich, sondern an die Partei. Drittens stellte sich die Frage, ob HC Strache allein aufgrund dieser Spenden Interesse hatte, das Privatkliniken-Gesetz ändern zu wollen, oder einfach deshalb, weil es seit Jahren manche Unternehmer massiv benachteiligt hat – also auch der kausale Zusammenhang “Spende, dann Gesetzesänderung” hätte von der Staatsanwaltschaft belegt werden müssen. Und viertens brach ein ganz konkreter Vorwurf der Staatsanwaltschaft wie ein Kartenhaus zusammen: Ein Flug Straches im Privatjet des Unternehmers fand so nie statt.

Bei Schuldspruch wäre die wirtschaftliche Existenz Straches ruiniert

Trotz etwas berechtigter Hoffnung auf einen Freispruch muss der Ex-Vizekanzler aber bis zum Richterspruch zittern: Die Richterin könnte trotz des für Strache guten Prozessverlaufs einen Schuldspruch sprechen. Auch wenn das Strafmaß ganz niedrig angesetzt wird, müsste der frühere FPÖ-Chef mit einer Haftstrafe rechnen. Das wäre eine Katastrophe für seine weitere berufliche Zukunft, und auch die wirtschaftliche Existenz des Vaters dreier Kinder – der jüngste Sohn ist erst zwei Jahre alt – wäre ruiniert. Auch ein von Strache immer wieder erwähntes großes Politik-Comeback wäre dann ausgeschlossen.

Aber selbst wenn dieses Gerichtsverfahren für den Politiker noch gut ausgehen würde: Es droht ein weiteres halbes Dutzend an Prozessen, darunter könnte schon bald auch eine mögliche Anklage für eine von der Staatsanwaltschaft angenommene Hilfestellung für einen Pokercasino-Betreiber sein.