Während in Berlin noch Koalitionsverhandlungen laufen, bahnt sich auf EU-Ebene eine Energiewende an. Diese dürfte aber so gar nicht nach dem Geschmack der künftigen Regierung in Deutschland sein. Denn nun will die EU-Kommission Atomkraft als grüne Energie einstufen. Weil die deutsche Regierung noch nicht steht, kann Berlin die Pläne zurzeit auch nicht stoppen.

Es soll sehr schnell gehen. Noch im November soll die Entscheidung fallen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und die osteuropäischen Staaten sind die treibenden Kräfte dahinter. Gut möglich, dass sie das vorübergehende Vakuum in Berlin bewusst für ihren Vorstoß nützen. Bei den Grünen läuten auf jeden Fall die Alarm-Sirenen. Die Entscheidung hätte weitreichende Folgen, auch für den Green Deal.

Grünen-EU-Abgeordneter Sven Giegold: "Das wäre der Super-Gau"

“Frankreich und die osteuropäischen Staaten sind drauf und dran, in Brüssel vollendete Tatsachen zu schaffen”, kritisiert der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der politische Druck sei enorm. “Das wäre der Super-Gau für Europas Energiewende”, sagte Giegold. Die Folgen wären auf dem Feld der Finanzen schnell spürbar: “Das Ergebnis wäre eine Entwertung aller neuen Finanzprodukte, die den Green Deal in Europa voranbringen sollten.” Stattdessen werde dann mehr öffentliches und auch privates Geld in Richtung neuer Atomkraftwerke gelenkt.

Der deutsche Europaabgeordnete Sven Giegold hofft, dass die EU diese Energiewende noch aufschiebt – damit sie von der neuen deutschen Regierung verhindert werden kann.APA/AFP/François WALSCHAERTS

Auch beim Gas drohe ein sogenanntes Greenwashing auf EU-Ebene, sagte Giegold. “Das alles hat nichts mehr mit Nachhaltigkeit zu tun.” Er verlangte, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen solle mit der Einordnung der Atomkraft warten, bis sich in Berlin die neue Ampel-Koalition gebildet habe. Nur so behalte Deutschland eine Chance, die neuen Pläne zu stoppen.