“Weiter wie bisher geht es nicht, ich kann mir keine weitere Koalition mit einem Kanzler Kurz vorstellen”, erklärte die Landessprecherin der Grünen Kärnten und stellvertretende Klubobfrau im Nationalrat, Olga Voglauer, am Donnerstag auf APA-Anfrage, ob die Koalition auf Bundesebene fortgesetzt werden soll: “Wir haben eine Koalition mit der ÖVP, nicht mit Sebastian Kurz.” Wenn die ÖVP jetzt “Verantwortung” übernehme, werde man sich damit befassen müssen: “Wenn es einen neuen Kandidaten gibt, dann müssen die Gremien beraten, was weiter möglich ist.”

"Nicht zur Tagesordnung übergehen"

In Wien ließ die nicht amtsführende Stadträtin Judith Pühringer – die auch für den Parteivorsitz bei der Wiener Landespartei kandidiert – auf Twitter wissen: “Meine Einschätzung: Was hier gerade passiert, ist nicht normal.” Man könne nicht zu “irgendeiner Tagesordnung” übergehen. “Wir beobachten diese undurchsichtigen Entwicklungen bei der ÖVP sehr genau.” Sie hoffe sehr, dass dieser Fall kein “Ibiza in Türkis” werde. Auch Ingrid Felipe, die sich in Tirol mit der ÖVP in der Landesregierung befindet, befand, es könne nun nicht “zur Tagesordnung” übergegangen werden. Sie ortete “in der ÖVP dringenden Gesprächsbedarf”, sagte sie auf APA-Anfrage. Viele in der ÖVP-Wählerschaft sowie SpitzenfunktionärInnen der schwarzen ÖVP würden nun wohl “die ein oder andere Frage” an Kurz und “seine Gefolgschaft” haben, meinte sie.

Petrik: Österreich muss Klimakrise bewältigen und hat keine Zeit für Neuwahlen

Die burgenländische Landessprecherin der Grünen, Regina Petrik, stellte die Handlungsfähigkeit des Kanzlers ebenfalls infrage. “Der Eindruck, der hier hinterlassen wird, ist desaströs”, betonte sie am Donnerstag auf APA-Anfrage. “Es muss hier auf jeden Fall alles ohne Lücken aufgeklärt werden.” Zurückhaltender zeigte sich Helga Krismer, die Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen. “Da der Nationalrat handlungsfähig ist, sehe ich keine Notwendigkeit von Neuwahlen. Die ÖVP muss ihre Verantwortung für das Land selber definieren”, hielt sie auf APA-Anfrage fest. Ihr Parteikollege Vizekanzler Werner Kogler und dessen Team seien “Garant für Stabilität und dulden auch keine Querschüsse auf die Justiz”. Österreich befinde sich noch immer in der Corona-Pandemie und habe mit der Steuerreform sowie dem nahenden Budgetbeschluss “den Auftrag gegen die Klimakrise mit Zukunftskonzepten anzukämpfen”

Niederösterreich und Vorarlberg zurückhaltend

Der Vorarlberger Grünen-Landesrat Johannes Rauch nannte die Lage am Donnerstag “einigermaßen dramatisch”, man könne “nicht zur Tagesordnung übergehen”. Man lote derzeit in parlamentarischen Gesprächen und in Gesprächen mit dem Bundespräsidenten aus, welche Möglichkeiten es gebe, das Land handlungsfähig zu halten. Nur weil der Kanzler “nicht handlungsfähig” sei, bedeute das nicht automatisch das Ende der Koalition. “Die Minister sind handlungsfähig, auch die der ÖVP. Auch der Vizekanzler könnte die Geschäfte führen”, so Rauch zur APA.

Über einen Rücktritt müsse der Kanzler bzw. die ÖVP entscheiden, “aber die Vorwürfe wiegen schwer und müssen restlos aufgeklärt werden”. “Neuwahlen will niemand”, betonte Rauch. Die Grünen seien derzeit der stabilisierende Faktor der Republik, auch indem man eine Justizministerin stelle, die unbeirrbar für Aufklärung sorge. Die nächsten Tage seien entscheidend, man müsse die Entwicklung abwarten.

Die Doppelspitze der Vorarlberger Grünen, Daniel Zadra und Eva Hammerer, erklärten in einer Aussendung, es seien nun zwei Dinge zentral: dass die Staatsanwaltschaften die Vorwürfe weiter unabhängig untersuchen könnten und dass “alle Parlamentsparteien gemeinsam für Stabilität in dieser Ausnahmesituation sorgen, damit Österreich handlungsfähig bleibt”. Vizekanzler Werner Kogler und Klubobfrau Sigrid Maurer setzten sich dafür ein, dass die Regierung weiterhin ihren Aufgaben und Pflichten nachkommen könne. Man unterstütze, dass sich die Bundesgrünen mit den Klubobleuten der Parlamentsparteien und dem Bundespräsidenten abstimmten. Zusammenhalt sei das Gebot der Stunde.

(APA/red.)