Deutschlands Minister richten sich erstmals in ihren neuen Büros ein, da unternimmt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auch schon ihre erste Dienstreise nach Paris – mit dem Regierungsjet.

Dass Baerbock als Außenministerin ins Ausland reist, ist nicht ungewöhnlich. Dass aber ausgerechnet sie es war, die zuvor eine Eindämmung des Flugverkehrs gefordert hat, auch des internationalen, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Der Shitstorm im Netz folgte umgehend, wenig später auch eine Welle entrüsteter Verteidiger Baerbocks, die über die Erregung den Kopf schüttelten.

Mit der Bahn wäre Baerbock in elf Stunden von Berlin nach Paris gelangt. Das wäre schon machbar gewesen. Die deutsche Außenministerin hätte sich ihre österreichische Parteikollegin Klima-Ministerin Leonore Gewessler zum Vorbild nehmen können. Diese ist sogar von der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow per Bahn heimgereist. Das war klimafreundlich, hat aber dafür ganze 27 Stunden gedauert.

Eine Welt ohne Fliegen bleibt wohl eine Utopie

Annalena Baerbock scheint auf den Unmut reagiert zu haben: Für ihre anschließende Fahrt nach Brüssel, der zweiten Station ihrer ersten Dienstreise, wählte sie den Zug. Am Bahnhof Nord in Paris stieg sie in den Thalys in Richtung Belgien ein. Unklar ist noch, wie sie von Brüssel nach Warschau und von dort wieder zurück nach Berlin kommen will. Sollte die deutsche Außenministerin künftig Moskau oder Peking bereisen – wo ihr trotz Klimawandels ein eher kühler Empfang bevorstehen dürfte – wird es ohne Flugzeug schwer, von Washington ganz zu schweigen. Da sind die Alternativen zum Flieger halt zeitintensiv und teuer.

Vor allem aber: Mit oder ohne Baerbock werden die Menschen künftig nicht weniger fliegen, sondern mehr. Da müssen sich halt auch Grüne fragen, wieweit ihr Weltbild mit dieser Welt und ihrem eigenen Alltag kompatibel ist. Wenn Flüge für Businessleute zum Problem werden aber für Politiker alternativlos bleiben, ist der Vorwurf der Scheinheiligkeit nicht von der Hand zu weisen.

PS: Wenn eine Welt mit weniger Flugverkehr eine Utopie bleibt, wäre es vielleicht redlicher, sie erst gar nicht zu fordern.