Zwar hat Deutschland einen Digitalisierungsschub im Zuge der Corona-Krise durchmacht, langfristig drohen dennoch ökonomische Folgeschäden, die zu einem Wohlstandsknick führen können. So lautet der Befund eines Gutachtens, mit dem die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Deutschland an die Öffentlichkeit gegangen ist. Es widmet sich den strukturellen Defiziten Deutschlands in der Krisenreaktion und schlägt steuerliche Anreize für Investitionen und Innovationen vor. „Ökonomische Konsequenzen der Coronavirus-Pandemie. Diagnosen und Handlungsoptionen“ heißt die Stellungnahme, an der zehn namhafte Wissenschaftler mitgearbeitet haben.

Sinkende Produktivität, wachsende Konkurrenz

Während der Lockdowns sind Millionen von Schulstunden ausgefallen und können nun kaum noch aufgeholt werden, worunter vor allem bildungsferne Haushalte leiden werden, deren Einkommenschancen sich nun verschlechtern. 57 Prozent der Schüler haben einer Erhebung zufolge im ersten Lockdown seltener als einmal pro Woche gemeinsam Online-Unterricht gehabt. Damit habe sich  auch negativ auf die Chancengerechtigkeit ausgewirkt und damit auch auf das Wirtschaftswachstum.

Hinzu kommen die seit Jahrzehnten sinkenden Produktivitätszuwächse der deutschen Volkswirtschaft.  Gleichzeitig “konnten Anbieter aus anderen Wirtschaftsregionen, insbesondere Asien aber auch weiteren europäischen Ländern, ihre Wettbewerbsposition vermutlich weiter verbessern“.

Mehr steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten

Die Autoren schlagen unter anderem eine vorübergehende Aussetzung der Mindesbesteuerung aus, um Liquidität zu erzeugen und Unternehmen nach der Krise schnell zu entschulden. “Ein weiterer Weg, um zielgenau Strukturinvestitionen zu stimulieren, liegt in der Festlegung erweiterter steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten für Güter des Anlagevermögens. Evidenz zeigt, dass Firmen hierüber ihre Kapitalinvestitionen und Beschäftigung signifikant ausweiten“, unterstreicht die Stellungnahme. Das Instrument begünstige kleine und mittlere Unternehmen, sowie solche, “die tatsächlich investieren”. Vor allem helfen es “Unternehmen, die von der Corona-Krise negativ getroffen wurden, kaum über Liquidität verfügen und wegen gestiegener Verschuldungsquoten neue Investitionsprojekte nur schwer oder teuer extern finanzieren können.“ Für den Staat sei diese Maßnahme im aktuellen Niedrigzinsumfeld darüber hinaus kostengünstig. Es würden lediglich Steuerzahlungen in die Zukunft verschoben.

Wichtig seien darüber hinaus Strukturreformen, nachdem das Zusammenspiel der verschiedenen Stellen und Behörden in der Krise schlecht funktioniert habe. Nötig sei auch eine strenge Finanzpolitik, damit es nicht am Geld für Modernisierung fehlt.