Dabei muss sich nicht nur Strache vor Gericht verantworten – auch der oberösterreichische Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz, der den Aufsichtsratsposten bekommen hat, ist mitangeklagt. Laut Anklage soll eine Spende an einen FPÖ-nahen Verein für den Bestellvorgang mit ausschlaggebend gewesen sein. Wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Mittwochnachmittag erklärte, sind gegen Strache und Stieglitz, dem Bestechung angekreidet wird, vorerst sechs Verhandlungstage ausgeschrieben. Mit den Urteilen ist demnach frühestens Ende Juli zu rechnen.

Eine von vielen Chat-Affären

Belastend für Strache in dieser Sache sind Chat-Nachrichten an bzw. von Stieglitz, die nach der Ibiza-Affäre ausgewertet worden waren. Die WKStA geht davon aus, dass Stieglitz schon 2017 bei Strache interveniert hatte, um einen Aufsichtsratsposten in einem staatsnahen Unternehmen an Land zu ziehen.

Ab Oktober 2017 überwies der Steyrer Immobilienunternehmer dem FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ in vier Tranchen zu je 2.500 Euro insgesamt 10.000 Euro. Strache soll im Gegenzug dafür gesorgt haben, dass Stieglitz schließlich bei der ASFINAG landete. Dabei soll laut WKStA auch eine an Strache adressierte Reiseeinladung Sieglitz’ zu einer Geburtstagsfeier nach Dubai eine Rolle gespielt haben, was Strache allerdings ablehnte. Für beide Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung.

Zweiter Strafprozess für Strache, sechs Verfahren bereits eingestellt

Bei der gegenständlichen Hauptverhandlung handelt es sich um den zweiten Strafprozess gegen Strache nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos. Ende August 2021 war der Ex-FPÖ-Chef vom Wiener Landesgericht im Zusammenhang mit der Affäre um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingt verurteilt worden.

In dem Verfahren war es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing gegangen, der Klinik-Betreiber hatte der Bundes-FPÖ insgesamt 12.000 Euro gespendet. Dieses Urteil ist allerdings nach wie vor nicht rechtskräftig – weiters wurden bereits sechs Verfahren gegen den ehemaligen FPÖ-Chef eingestellt.

Strache zuversichtlich: "Kann Vorwürfe vor Gericht leicht entkräften"

Zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit dem ASFINAG-Posten an Stieglitz – dieser wurde 2020 unter der nunmehr zuständigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) wieder abberufen – hatte Strache nach Einbringen des Strafantrags auf APA-Anfrage angegeben: “Ich weiß, dass ich die Vorwürfe im Rahmen der Hauptverhandlung vor Gericht leicht entkräften werden kann.” Inhaltlich wolle sich Strache ausschließlich gegenüber dem Gericht äußern, hatte sein Verteidiger Johann Pauer erklärt.

Ermittlungen gegen Norbert Hofer eingestellt

Nicht angeklagt wurde Norbert Hofer, der nach Straches Rücktritt diesem als FPÖ-Obmann nachgefolgt war. Ursprünglich war Hofer von den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mitumfasst, zumal er Infrastrukturminister war, als Stieglitz Anfang März 2018 einen Sitz im Aufsichtsrat der ASFINAG übernahm. Die WKStA konnte aber nicht nachweisen, dass Hofer von den inkriminierten und demnächst prozessgegenständlichen Vorgängen wusste, weshalb das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde.