Der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck besucht am heutigen Dienstag Österreich. Als besonders von russischen Gaslieferungen abhängige Länder, möchten Österreich und Deutschland ihre Zusammenarbeit verstärken. Indes hofft Habeck weiter auf die Wiederaufnahme von Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1, wenn deren Wartung beendet ist.

Gemeinsam aus der Gaskrise

Von einer “Zeitenwende” sprach Leonore Gewessler in Bezug auf den 24. Februar 2022 – Putins Einmarsch in der Ukraine. Die erneuerbaren Energien müssten ausgebaut werden, so Gewessler. Österreich habe Putin als erstes Land nach der Annexion der Krim wieder hofiert, kritisiert Gewessler die Vorgänger-Regierung aus ÖVP und FPÖ. Österreich müsse aus der Abhängigkeit von fossilen Energiestoffen gelangen – gemeinsam mit den europäischen Partnern.

Habeck sieht "dunkle Wolken"

“Es ist schön wieder in Österreich zu sein, allerdings sind die Wolken dunkel”, sagte Habeck in seinem Eingangsstatement. Habeck sieht ein “Erwachen” in Bezug auf die erneuerbaren Energien. Er sieht die EU “vorbereitet auf verschiedene Szenarien” – auch, wenn Putin kein Gas mehr liefert. Auf Atomkraftwerke werde Deutschland jedoch nicht mehr zurückgreifen, so Habeck. “Eine Vergleich zur Finanzkrise ist gegeben, weil die Warnungen nicht gehört wurden”, so Habeck auf die Frage eines Journalisten. Deutschland habe sich zu abhängig von russischem Gas gemacht, so der deutsche Wirtschaftsminister.

“Niemand soll frieren”, sagt Habeck über den Gas-Notstand, allerdings stehe ein “monatelanger Ausfall von Gasströmen im Raum”.

Von einer "Zeitenwende" sprach Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)Screenshot/eXXpress.tv

Österreich und Deutschland wollen in bilateraler und europäischer Kooperation beim schnellstmöglichen Ausstieg aus russischem Gas, der Erschließung alternativer Quellen und dem verstärkten Ausbau erneuerbarer Energie zusammenarbeiten, teilte das Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vor Habecks Anreise nach Wien mit. Just Kogler kann nun aber aufgrund eines positiven Corona-Tests nicht am Programm teilnehmen.

Damit findet nur das bilaterale Gespräch mit Parteikollegin Klimaschutzministerin Leonore Gewessler am Vormittag statt, jenes mit Kogler entfällt. Nach der Pressekonferenz besichtigen Habeck und Gewessler eine der stärksten Großwärmepumpen Mitteleuropas im Kraftwerk Simmering.

Robert Habeck (Grüne): Der Wirtschaftsminister sieht "dunkle Wolken am Himmel"

Am Nachmittag trifft Habeck Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher sowie Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP). Den Abschluss des eintägigen Besuchs bildet eine Unterredung mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) trifft am Nachmittag auf HabeckAPA

Erst am Montag gaben Deutschland und Tschechien in Prag bekannt, ein Gas-Kooperationsabkommen zu planen. “Wir helfen uns gegenseitig bei der Gasversorgung”, sagte Habeck in Prag. Indes hofft der deutsche Wirtschaftsminister doch auch noch auf weitere Gaslieferungen aus Russland, wenn die Wartungsarbeiten an der Ostsee-Pipeline Nordstream 1 beendet sind. “Ich habe keine geheime Information, weder in die eine noch in die andere Richtung”, sagte der Grünen-Politiker am Montagabend in einem Interview mit dem deutschen Sender der ARD. “Die Möglichkeit besteht. Die Chance, dass es nicht so kommt, ist auch da. Wir werden abwarten müssen.”

Banges Warten auf den 21. Juli

Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland wird seit Montag nichts mehr geliefert. Nach Angaben der Nord Stream AG sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern. In diesen zehn Tagen werde kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland befördert, hieß es. Die Sorge, dass Gas im Herbst und Winter knapp wird, ist groß – auch in Italien, Österreich und anderen europäischen Ländern.