Ähnlich nun auch die Situation in der SPÖ. Die vor allem intellektuell ermüdete ältere Funktionäreschaft hat der organisierten Macht der linken Jugendorganisationen nichts mehr entgegenzusetzen, deren Funktionäre, abgehärtet in den Stahlgewittern der sozialen Medien, in denen sie den überwiegenden Teil ihres Lebens verbringen, rabiat und mit allen Wassern gewaschen in den innerparteilichen Machtkämpfen agieren.

Die wirklichen Probleme sind den privilegierten Kavalierlinken egal

Die jungen Aggressiven bedienen sich, wie der Philosoph Joseph Vogl das formuliert, einer hinterhältigen „ballistischen Schnellkommunikation“, die primär die Integrität von Einzelpersonen ins Visier nimmt und auf rasche Wirkungstreffer ausgerichtet ist, die die nachhaltige soziale Vernichtung des Gegners zum Ziel haben. So kommt es dann dazu, dass die Altfunktionäreschaft resigniert und ein Parteitag der SPÖ die Forderung nach einem Abschiebeverbot nach Afghanistan beschließt.

Waffen, die zur Auslöschung von unliebsamen Meinungen und ihrer Träger benutzt werden, kommen aus den Arsenalen der antirassistischen, antisexistischen, antikolonialistischen Kampfdiskurse, deren Argumentationen schamlos missbraucht werden, um sich einen machtpolitischen Vorteil zu verschaffen. Denn die wirklichen Probleme der von Sexismus und Rassismus betroffenen normalen Menschen sind den Angehörigen der privilegierten Kaviarlinken egal. Es geht ihnen um den machtpolitischen Vorteil, um mehr nicht.

Kommunikativ hervorgetan hat sich zuletzt auch Stephanie Krisper, eine Abgeordnete des weit nach links abgedrifteten ÖVP-Spin-offs NEOS. In einem Diskurs-Geschoss, man nennt es Tweet, das sie gegen Sebastian Kurz abfeuerte, bezichtigte sie diesen, durch seine Verurteilung der Gruppenvergewaltigung und Tötung eines 13-jährigen Mädchen durch afghanische Kriminelle, mit Absicht die Gesellschaft spalten zu wollen.

"Traumatisierte" Afghanen

Ähnlich der linke ORF-Journalist Christian Hoffmann, der in einer Anfrage an den Innenminister primär seiner Sorge um die „traumatisierten“ jungen Afghanen Ausdruck verlieh. Das Opfer und seine Familie waren ihm keinen Satz wert.

Aber nicht nur bei den NEOS und im ORF steht man scheinbar überwiegend an der Seite krimineller Migranten, wenn diese über die Menschen ihres Gastlandes herfallen. Auch in Deutschland sorgte sich der CSU(!!!)-Bürgermeister von Würzburg in einem Brief primär über die mögliche „Vorverurteilung“ des Islam als Tatquelle für das Messergemetzel in seiner Stadt, dem drei Menschen zum Opfer fielen, und das Image von Geflüchteten aus Somalia. In diesem Zusammenhang schwurbelte er das Zitat von Sartre „Die Hölle sind immer die anderen“ daher, um seiner einseitigen Stellungnahme noch die edle humanistische Krone eines Nobelpreisträger-Wortes aufzusetzen.

Die Hölle sind immer die anderen

Die Hölle sind tatsächlich die anderen, da hat der Herr Bürgermeister völlig recht, aber nicht jene anderen, die die Probleme unserer Gesellschaft mit Zuwanderern aus muslimischen Kulturen ansprechen. Es sind in Wirklichkeit Linke wie Michael Häupl, die Migranten zum „neuen Proletariat“ erheben, denn sie spalten die Gesellschaft, indem sie den abgekoppelten Unterschichten und der prekären Mitte der Inländer signalisieren, dass es nicht mehr primär um ihre Lebensprobleme geht, sondern um die jener, die mit Hilfe von Schleppern in unser Land kommen und dort mit Unterstützung der Asylindustrie Verfahren so lange hinauszögern, dass sie ohne Asylgrund über Jahre hinweg hierbleiben, auf Kosten der Allgemeinheit leben und am Ende wegen „guter Integration“ niemals wieder abgeschoben werden können.

Auch sind Migranten nicht überwiegend Teil der sozialen Unterschichten. Das hat die deutsche Sinus-Migrationsstudie ganz deutlich herausgestellt. So gehört zum Beispiel ein großer Teil der türkischen Migration zum „konservativ-bürgerlichen“ Milieu, jenem Milieu also, das von alten Werten wie Ordnung, Sauberkeit, Familienorientierung und einer starken Bindung an den Islam durchdrungen ist und wahrscheinlich überwiegend die rechts-konservative AKP wählt. Armut und Elend herrscht unter diesen Menschen definitiv nicht.

Auch der ehemalige Bürgermeister Häupl könnte das wissen, hätte seine frühere Stadträtin für Integration nicht jedes Gespräch über die Struktur der Migration in Wien verweigert. Offenbart will man in Wien nicht, dass Informationen unter das Volk kommen, die es nicht mehr erlauben, die Migranten insgesamt als einzige große Opfergruppe erscheinen zu lassen.

In seinem Buch „Außer Dienst“, im Übrigen ein langweiliges egozentrisches Buch, das über Gebühr Nebensächlichkeiten und Petitessen aus einem Politikerleben ausbreitet, stellte Helmut Schmidt fest: „Wer die Zahl der Moslems in Deutschland erhöhen will, nimmt eine zunehmende Gefährdung unseres inneren Friedens in Kauf.“  Ein Satz, der uns angesichts der Gewaltexzesse in Würzburg und Wien unweigerlich einfällt. Würde Schmidt das heute sagen, man würde ihn aus der Sozialdemokratie hinauswerfen. So ändern sich Zeiten und Parteien.

Der Jugendforscher und eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier untersucht seit mehr als zwei Jahrzehnten die Lebenswelt der Jugend und ihr Freizeitverhalten. Er kennt die Trends, vom Ende der Ich-AG bis zum neuen Hedonismus und Körperkult, bis zu Zukunftsängsten im Schatten von Digitalisierung und Lockdown. Heinzlmaier ist Mitbegründer und ehrenamtlicher Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung. Hauptberuflich leitet er das Marktforschungsunternehmen tfactory in Hamburg.