Trommelfeuer, bei Tag und bei Nacht, immer wieder russische Vorstöße, immer wieder Raketeneinschläge, dazu Hunger, Durst und das Leiden der schwerverwundeten Kameraden auf den Böden der Katakomben, tief unter dem zerschossenen Stahlwerk Azovstal in der total zerstörten Hafenstadt Mariupol: Die letzten 2000 ukrainischen Verteidiger konnten nun zumindest die Zivilisten aus dieser Hölle evakuieren, jetzt sollen die Verwundeten und die Sanitäter undNotärzte folgen – niemand weiß noch, ob das die russischen Belagerer zulassen.

In der letzten Nachricht von Serhiy Volynskiy (30), einem der ukrainischen Kommandanten im Stahlwerk, ist der Vorwurf an die EU-Nationen deutlich formuliert: “Das ist keine verdammte Reality-TV-Serie. Die ganze Welt sieht das als ,interessante Story’. Nein: Wir sind nicht Fiktion.”

Das russische Staats-TV zeigt den Beschuss auf das Stahlwerk.

"Wir wollen - fucking - leben"

Volynskiy schickt einen Appell an alle im Westen aus dieser Hölle in Mariupol: “Das ist kein Film, keine Reality-Serie im TV. Wir haben hier das echte Leben mit Schmerzen, Hunger, Durst, Tränen, Angst und dem Tod. Alles echt.”

Eine ukrainische Twitter-Userin schreibt dazu: “Wir wollen nicht das ,heroische Nation sein, die ganz Europa vor dem Diktator schützt’. Nein: Wir wollen – fucking – einfach überleben. Diese Burschen, die da sterben, sind erst 30 Jahre alt und jünger.”

Sie hofft – so wie viele Ukrainer – auf eine Evakuierung dieser Kämpfer in ein sicheres NATO-Land. Eine Hoffnung, die der Kreml sicher nicht erfüllen wird: Immerhin wird auch vermutet, dass ausländische Söldner und Militärberater aus westeuropäischen Nationen in den Katakomben des Stahlwerks sind.

Viele Verteidiger Mariupols haben sich bereits den russischen Truppen ergeben.
Die Grafik zeigt, wie der Kessel immer kleiner wurde.
Dass Wladimir Putin die Verteidiger des Stahlwerks in ein NATO-Land ausfliegen lässt, gilt als unwahrscheinlich.