Während Österreichs Regierung zittern muss, zumindest mit täglich einigen hundert Gigawattstunden Gas aus Russland die Speicher doch noch rechtzeitig vor dem Wintereinbruch auffüllen zu können, verhält sich Brüssles Chefdiplomat Josep Borrell alles andere als diplomatisch: Der Spanier, der im Namen aller EU-Nationen sprechen darf, knallte jetzt in einem Interview mit dem Sender TVE dem Kreml hin, dass die gesamte EU “künftig ohnehin kein russisches Gas mehr kaufen” werde.

Außerdem nehme er die Gas-Stopp-Drohungen aus Moskau ohnehin nicht so ernst, formulierte der EU-Diplomat provokant: “Wenn uns Moskau das gas abdrehen will, dann wartet man nicht bis Herbst oder Winter.” Dass über die wichtige Pipeline Nord Stream 1 ohnehin nur noch extrem vermindert Gas von Russland Richtung Westeuropa fließt, dürfte Borrell entgangen sein.

Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik.

Jede Provokation im Wirtschaftskrieg für Österreich extrem gefährlich

Für EU-Nationen wie Österreich oder auch Ungarn sind derartige Aussagen, die Wladimir Putin zum Handeln provozieren könnten, extrem gefährlich: Ohne weiterer Gas-Lieferungen kommt Österreich derzeit nicht durch den ganzen Winter. Das heißt: Ende Februar fallen bei uns die Heizungen aus, dann wenig später der Strom. Und tausende Betriebe und die gesamte Industrie steht still, was wiederum eine Massenarbeitslosigkeit sowie soziale Unruhen bringen würde.

An möglichen Alternativen zum Import von russischen Gas werde auch in Österreichs Energie-Ministerium aktuell geplant – doch die gewaltigen Mengen von Gazprom zu ersetzen, ist extrem schwierig. So könnte Gas aus Nordafrika über italienische Häfen nach Österreich kommen, doch diese Versorgunsgroute ist erst in der Testphase.

Im Kreml werden die Statements von Josep Borrell mit Sicherheit auch gelesen. Österreich und auch Ungarn können nur hoffen, dass nicht zu rasch eine Reaktion Moskaus auf diese Provokation seitens der EU folgt.

Sie ließ im Herbst 2021 nicht die Speicher füllen und muss nun bangen, dass die Gas-Lieferungen aus Russland nicht gestoppt werden: Energie-Ministerin Leonore Gewessler (Grüne).

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