Der US-Wirtschaftswissenschaftler Daniel J. Mitchell (64) vom Cato Institute kann seine Häme nicht verbergen. „Ich weiß, dass es nicht nett ist, sich am Unglück anderer zu erfreuen, aber diese Regel gilt nicht, wenn gierigen Politikern etwas Schlimmes widerfährt“, schreibt er auf seinem Blog. Seit Jahren macht er auf die negativen Folgen überhöhter Steuern aufmerksam. Umso mehr freut es ihn, wenn die „Schuldigen“ – die steuereintreibenden Politiker – damit drauf zahlen.

Daniel J. Mitchell ist seit Jahrzehnten ein Verfechter niedriger Steuern.

Das tun sie nämlich zurzeit in den USA, wie neueste Daten der Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten (IRS) belegen. „Es macht mir großen Spaß zu lesen, wenn Steuerzahler ‚mit den Füßen abstimmen‘, indem sie aus Hochsteuerländern in Niedrigsteuerländer umziehen“, kommentiert Mitchell sie. Zurzeit gebe es eine regelrechten Exodus aus Steuerhöllen wie Illinois, New York und Kalifornien – allesamt von den Demokraten regierte Bundesstaaten, kurz: blaue Staaten.

Steuerzahler verlassen New York, Illinois und Kalifornien

Die IRS-Daten zeigen: Die blauen Staaten verlieren immer mehr Steuerzahler und Einkommen. Das zeigt vor allem die Bewegung des bereinigten Bruttoeinkommens, kurz AGI. (Mit AGI ist in den USA die Summe des gesamten Geldes gemeint, das man in einem Jahr verdient hat abzüglich sogenannter „Einkommensanpassungen“, wie Geschäftskosten und Ausgaben für die Ausübung eines Gewerbes.)

Chicago in Illinois lockt mit vielem – etwa dem Chicago Theatre (Bild). Nur hier lebt es sich halt teuer, vor allem dank der hohen Steuern.Getty

So verließen im Jahr 2021 netto etwa 105.000 Menschen Illinois und nahmen etwa 10,9 Milliarden Dollar an AGI mit. Das ist ein deutlich Anstieg. Im Jahr 2020 waren es noch 8,5 Milliarden Dollar, und im Jahr zuvor 6 Milliarden Dollar. Auch New Yorks Einkommensverluste stiegen – von zuerst neun Milliarden Dollar im Jahr 2019, auf 19,5 Milliarden Dollar im Jahr 2020 und schließlich 24,5 Milliarden Dollar im Jahr 2021. Kalifornien verlor im Jahr 2021 sogar 29,1 Milliarden Dollar, mehr als das Dreifache von 2019.

Starker Zustrom nach Florida und Texas

Gleichzeitig verzeichneten die Staaten mit den niedrigsten Steuern während der Pandemie einen Einkommenszuwachs von rund 100 Milliarden Dollar. Im einkommenssteuerfreien Florida betrug der Zuwachs 39,2 Milliarden Dollar, gegenüber 23,7 Milliarden Dollar im Jahr 2020 und 17,7 Milliarden Dollar im Jahr 2019. Der größte Zustrom kam dabei aus New York (9,8 Milliarden Dollar), gefolgt von Illinois (3,9 Milliarden Dollar), New Jersey (3,7 Milliarden Dollar) und Kalifornien (3,5 Milliarden Dollar).

Die Skyline von Orlando, die viertgrößte Stadt Floridas.Getty
Dallas ist ein wichtiges Zentrum der Öl- und Baumwollindustrie. Heute sind vor allem Telekommunikations-, Computer-, Finanzdienstleistungs- und Transportbranche relevant.getty

Texas war ein weiterer Gewinner und zog 2021 netto 10,9 Milliarden Dollar an, nach einem Plus von 6,3 Milliarden Dollar im Jahr 2020 und 4 Milliarden Dollar im Jahr 2019. Mehr als die Hälfte des texanischen Einkommenszuwachses im Jahr 2021 entfiel auf Kalifornier.

Vor allem vermögende Steuerzahler ziehen in Niedrigsteuerstaaten

„Glückwunsch an Texas und Florida“, kommentiert Mitchell launig. „Keine Einkommenssteuer zu erheben, ist definitiv ein kluger Schritt.“ Bemerkenswert sei überdies, dass primär wirtschaftlich erfolgreiche Menschen die Hochsteuerstaaten verlassen. Auch das zeigen die IRS-Daten. Gutverdiener geben auch mehr aus. Das führt zu höheren Umsatzsteuereinnahmen. Das spiegelt sich auch im Haushalt wider. Florida mit seinen geringen Steuern, durfte sich im vergangenen Jahr über einen Rekordhaushaltsüberschuss von 22 Milliarden Dollar freuen. Kalifornien rechnet mit einem Defizit von 29,5 Milliarden Dollar.

Downtown Miami – ein Stadtteil von Miami in FloridaGetty
Stadtbild der Innenstadt von Tampa, Florida, nach Einbruch der Dunkelheit mit der sich ständig ändernden Beleuchtung der Brorein Street-Brücke über dem Hillsborough River.Getty

Daniel Mitchell meint dazu: „Die Gänse mit den goldenen Eiern fliegen weg.“ Dieser Umstand sollte auch EU-Staaten zu denken geben: Niedrigere Steuern können höhere Staatseinnahmen bescheren, auch wenn das aufs Erste paradox klingt.