Spaniens offizielle Spitalszahlen klingen besorgniserregend. Vor zwei Wochen übertraf die Belegung der Krankenhäuser in der sechsten Welle die Rekordwerte der beiden vorangegangenen Wellen. Mehr als 17.000 Menschen werden zurzeit mit dem Virus in die Spitäler eingeliefert, weit mehr als die 10.500, die den Höhepunkt der vierten und fünften Welle markierten. Die Sache hat nur einen Hacken: Immer mehr Patienten werden nicht „wegen Corona“, sondern „mit Corona“ eingeliefert.

Zahlen in Großbritannien belegen den Trend

Bis zu 40 Prozent der gemeldeten Corona-Patienten in den spanischen Spitälern wurden mittlerweile wegen anderer Erkrankungen aufgenommen. Das ergab eine Nachfrage der spanischen Tageszeitung „El Pais“. Ein wesentlicher Grund für diesen Trend ist die Ansteckungsfähigkeit der Omikron-Variante. Ein anderer ist der Schutz der Geimpften vor schweren Verläufen, weshalb sie mittlerweile immer seltener wegen Corona, sondern wegen anderer Krankheiten behandelt werden.

Daten aus anderen Ländern, die im Gegensatz zu Spanien zwischen „mit“ und „wegen Corona“ erkrankten Spitalspatienten unterscheiden, bestätigen diesen Trend. In Großbritannien beispielsweise wurden am 4. Jänner 13.045 Patienten mit dem Virus eingeliefert, 8200 hatten Covid als “Hauptdiagnose”. Bei 37,1 Prozent der Patienten war somit eine andere Erkrankung entscheidend. Elf Tage zuvor lag dieser Prozentsatz noch bei 31,7 Prozent.

Rolle des Virus nicht immer eindeutig

In Spanien werden die offiziellen Daten im Gegensatz zu Großbritannien hingegen verzerrt, nicht nur bei den Spitalspatienten, sondern auch bei Menschen auf den Intensivstation und bei den gemeldeten Todesfällen. Deshalb raten spanische Ärzte, die offiziellen Zahlen mit Vorsicht zu genießen.

Virgina Fraile von der Spanischen Gesellschaft für Intensivmedizin, Intensivpflege und Koronarstationen (Semicyuc) unterstreicht: Die Explosion an mit Covid infizierten “Patienten, die mit einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall, anderen Infektionen und sogar Stürzen oder Verkehrsunfällen eingeliefert werden, blähen die offiziellen Daten der Pandemie auf, obwohl sie in Wirklichkeit nicht an Corona erkrankt sind und wegen des Virus auch keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen”. Dennoch würden sie isoliert, um andere Patienten und das Gesundheitspersonal nicht anzustecken.

Sie fügt hinzu, dass es in einigen Fällen schwieriger ist, auszuschließen, dass das Virus zum schlechten Zustand eines Patienten beiträgt: “Bei einem Herzinfarkt beispielsweise sind die meisten Patienten symptomlos und das Virus verursacht keine Probleme, aber wir wissen, dass das Virus bei einem kleinen Prozentsatz mit schweren Herzerkrankungen zusammenhängt.“