Wien sieht sich gerne als Drehscheibe der internationalen Diplomatie. Immerhin haben hier mehr als 40 zwischenstaatliche Organisationen ihren Sitz – darunter die Vereinten Nationen, die EU, die OSZE und die OPEC. Hinzu kommen noch 137 Botschafter und Geschäftsträger bilateraler Vertretungen samt Personal. In Summe halten sich 3025 ausländische Diplomaten im Land auf – und darüber hinaus noch mehr als 6000 internationale Beamte. Sie alle dürfen sich “freuen”: Die neue Impfpflicht wird auch sie betreffen.

Bis zum 15. März, dem ersten Stichtag, haben die ausländischen Abgesandten noch Zeit

So sieht es nämlich der Gesetzesentwurf aus dem Gesundheitsministerium von Wolfgang Mückstein (Grüne) vor, und der ist eindeutig: Wer auch immer seinen Wohnsitz in Österreich hat und mindestens 18 Jahre alt ist, muss zum Stich. Alle Botschafter – ob aus dem Iran, Russland, den Vereinigen Arabischen Emiraten oder Japan – sind somit ebenfalls davon erfasst. Sie werden alle bis zum 15. März 2022, dem ersten Stichtag, geimpft sein müssen. Andernfalls drohen drohen Strafen von bis zu 3600 Euro, und zwar vierteljährlich, bei jedem Stichtag.

Zwar haben Diplomaten aufgrund ihrer Immunität keine Strafverfolgung zu befürchten. Bußgelder gegen sie werden dennoch verhängt – und diese werden von den meisten Diplomaten – etwa nach Verkehrssünden – auch bezahlt.

Sputnik nützt einem russischen Diplomaten in Österreich nichts

Sollten in den Herkunftsländern andere Impfstoffe verwendet werden als in Österreich, haben die Betreffenden halt Pech gehabt: Ihre Impfungen werden hierzulande nicht anerkannt. Dann braucht es einen weiteren Stich. So wird sich dann etwa ein russischer Diplomat, der bereits mit Sputnik durchgeimpft ist, in Österreich ein weiteres Mal durchimpfen lassen müssen – Pfizer, Moderna und Astrazeneca stehen zur Auswahl. Nicht anders wird es einem Beamten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ergehen: In seinem Heimatland wird primär der Impfstoff der Firma Sinopharm aus China verabreicht – und den lässt man in Österreich halt auch nicht gelten.

Das Gesundheitsministerium muss sich auf jeden Fall bewusst sein: andere Staaten, andere Impfstoffe.

Der Gesetzgeber wollte auch Heimbetreuer und Pendler erfassen

Der Gesetzesentwurf zur neuen Impfpflicht sorgte schon nach wenigen Tagen für zahlreiche Beschwerden – der eXXpress berichtete. Gemäß dem ersten Paragraphen sind von der Impfpflicht alle Menschen erfasst, die in Österreich einen Wohnsitz haben – also keineswegs nur österreichische Staatsbürger, und keineswegs nur Menschen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.

Das wird auch eigens in den Erläuterungen zum Gesetzesvorschlag hervorgehoben und ist offensichtlich so beabsichtigt: “Nach § 1 unterliegen grundsätzlich alle Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, der Impfpflicht. Mit dem Abstellen auf den Wohnsitz gemäß § 1 Abs. 6 MeldeG werden etwa auch 24-Stunden-Betreuer:innen oder Wochenpendler:innen erfasst.” Und auch Diplomaten.

Auch mit Diplomatenstatus ist man angehalten, Gesetze zu befolgen

Die österreichische Impfpflicht bezieht sich somit auch auf nicht-österreichische Staatsbürger, und ist einzig auf den angemeldeten Wohnsitz bezogen, nicht einmal auf den tatsächlichen Aufenthalt. Alle Personen aus dem Ausland mit Wohnsitz in Österreich – auch jene, die nur für kurze Zeit im Land weilen – sind davon erfasst. Ihnen allen droht ohne Impfung eine Geldstrafe, selbst wenn sie sich gerade nicht in Österreich aufhalten und das ganz unabhängig davon, ob das jeweilige Land ihres Aufenthalts von einer Pandemie erfasst ist oder nicht.

Diplomaten genießen in ihrem Empfangsstaat immer einen besonderen Status. Sie sind aber dennoch alle angehalten, die geltenden Gesetze und Rechtsvorschriften zu beachten und zu befolgen – so auch die Impfpflicht. Die zahlreichen internationalen Beamten ohne Diplomatenstatus genießen hingegen nicht einmal Immunität.

PS: Paragraph 1 der Impfpflicht erwähnt neben dem Wohnsitz auch eine “Hauptwohnsitzbestätigung”, doch das dabei erwähnte Meldegesetz bezieht sich ausschließlich auf den Wohnsitz und nicht den Hauptwohnsitz.