Der Vorwurf der Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ist heftig: Gegen Steuergeld hätte ein Medienhaus die “passenden” Schlagzeilen geliefert – und damit vermutlich die Öffentlichkeit manipulieren können.

Diesen Verdacht würden zahlreiche WhatsApp-Chats belegen (der eXXpress berichtete): Der damalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, unterhielt sich dazu sehr offen über diverse Aufträge mit der Meinungsforscherin Susanne Beinschab, einer Ex-Mitarbeiterin von Sophie Karmasin.

Die Ermittlungsanordnung gegen Karmasin und Beinschab

Ermittlungen führen zur gmx-Zentrale in Montabaur

Jetzt ist die Staatsanwaltschaft beim nächsten Schritt ihrer Ermittlungen angelangt, wie eine Europäische Ermittlungsanordnung zeigt, die dem eXXpress und der eu-infothek.com vorliegt: Die österreichischen Korruptionsfahnder ersuchen die deutsche Justiz um eine Kooperation zur Öffnung der bisher geheimen Mail-Konten von Sabine Beinschab und Sophie Karmasin beim Webportal gmx. Dieses Unternehmen der 1 & 1 Mail und Media GmbH in Montabaur und Karlsruhe bietet Mail-Postfächer an, deren Adressen auch mit Falschnamen geführt werden können.

Der Hintergrund für diesen Schritt der österreichischen Justiz: In einem Chat auf WhatsApp gibt Thomas Schmid der Meinungsforscherin den Auftrag, ihn doch über “seine private gmx-Adresse” zu kontaktieren – es geht dabei offensichtlich um die Bezahlung von Umfragen.

Die Justiz will alles sehen: Mails, Fotos, Kalenderdaten, Voicemails

WKStA erklärt den Fall der deutschen Justiz

Auf 130 Seiten fassen die Staatsanwälte der WKStA dann für ihre Kollegen in Deutschland den ganzen Fall zusammen – und beleuchten dort auch nochmals die mutmaßliche Rolle von Sophie Karmasin:  Die Ex-Ministerin wird als Tatverdächtige wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit geführt. Zitat aus dem Dossier der Justiz: “MMag. Dr. Sophie Karmasin schied Ende 2017 als Ministerin aus und gründete im Juni 2018 die Karamsin Research & Identity GmbH. Praktisch mit Beginn der Geschäftstätigkeit des neuen Unternehmens arbeitete Karmasin wieder mit Beinschab zusammen und präsentierte seither als Analystin in der Sendung “Fellner! Live” Wahlumfragen von Research Affairs.”

Auf Seite 19 des Papiers der WKStA erklären die Österreicher den deutschen Kollegen den von ihnen angenommenen Sachverhalt im ganze Inseraten-Skandal: “Thomas Schmid, Karmasin und Beinschab vereinbarten, dass bestimmte für die Beschuldigten relevante Umfragen – wiederum nach inhaltlichen Vorgaben – mit ausschließlich (partei-) politischen Inhalten bei Sabine Beinschab beauftragt werden. Die dafür entstehenden Kosten sollten zuerst verdeckt über die Mediengruppe X., danach mittels Scheinrechnungen in zeitlich parallel beim Einzelunternehmen der Sabine Beinschab in Auftrag gegebenen für das Finanzministerium zu erbringenden Studien abgerechnet werden.”

Seine Chats lösten die Ermittlungen aus: Ex-ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid

Bringen die gmx-Mails auch andere Verlagshäuser in Schwierigkeiten?

In der Europäischen Ermittlungsanordnung dann ebenfalls enthalten: sämtliche relevante Chats von Thomas Schmid und der anderen Tatverdächtigen. Interessant wird sein, was nun die gmx-Mails ans Tageslicht bringen werden – immerhin vermuten Medien- und Politik-Insider ja schon seit Auffliegen der Affäre, dass auch andere österreichische Print-Verlagshäuser ähnlich gearbeitet haben könnten.