Große Worte fand zunächst Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu Beginn der Invasion in die Ukraine. “Das wird Russland ruinieren”, erklärte sie, und meinte damit die geplanten Sanktionen gegen Moskau. Damit hat sie sich wohl übernommen. Nun zeigt sich: Gerade bei den für Russland – und ebenso für Deutschland! – so wichtigen Gas-Importen kann die deutsche Bundesregierung nicht wirklich viel ausrichten. Ein Gas-Embargo Deutschlands gegen Russland scheitert näher besehen bereits im Ansatz.

Berlin ist durch "Take-or-Pay"-Klauseln gebunden

Das Problem: Deutschland hat Verträge mit Russland bzw. mit Gazprom geschlossen. Diese enthalten sogenannte “Take-or-Pay”-Klauseln. Was die bedeuten, hat kürzlich die “Aka­de­mie Berg­stra­ße für Ressourcen, Demo­kra­tie- und Frie­dens­for­schung” in einer Studie deutlich gemacht: Deutschland muss auch im Fal­le eines Gas-Import­stopps weiterhin Milliardenbeträge an Gaz­prom zah­len müsse.

In der Stu­die heißt es: “Es geht über­wie­gend um lang­fris­ti­ge Ver­trä­ge mit Lauf­zei­ten von 10 bis 25 Jah­ren mit fest­ge­leg­ten Men­gen und Prei­sen. Mehr noch: Es han­delt sich um so genann­te Take-or-Pay-Ver­trä­ge, bei denen die deut­schen Impor­teu­re eine unbe­ding­te Ver­pflich­tung zur Zah­lung über­nom­men haben, unab­hän­gig davon, ob man das Erd­gas tat­säch­lich impor­tiert oder nicht. Man muss also die für etli­che Jah­re vor­be­stell­te Abnah­me­men­ge bezah­len, ob das Gas am Ende fließt oder nicht.”

Deutschland müsste Putin Geld für Nichts überweisen

Mit anderen Worten: Auf absehbare Zeit hat Putin nichts zu befürchten, selbst wenn Deutschland die Gas-Zufuhr aus Russland massiv einschränken sollte. Im Gegenteil: Das wäre eher Grund zur Freude für den Kreml-Chef. Denn dann würde Moskau Geld für Nichts von Berlin erhalten. Effektive Sanktionen sehen anders aus. Das ungenutzte Gas könnte Putin behalten und für andere Zwecke einsetzen.

Selbst wenn Ber­lin also über­teu­er­tes Flüssigerdgas aus den USA bezieht, müsste er es weiterhin Über­wei­sun­gen an Russland ent­rich­ten. Nun könnte Deutschland das Vertragswerk schlicht ignorieren und nicht mehr beachten. Doch das kommt für die Regierung überhaupt nicht in Frage. Schließ­lich war es Ber­lin selbst, das Mos­kau auf die Einhaltung bestehender Verträge hingewiesen hat, als  der Kreml erstmals die For­de­rung erhoben hat, Gas-Lie­fe­run­gen nur noch in Rubel zu bezah­len. Damit sind Berlin die Hände gebunden, zumindest solange Deutschland keinen 100-prozentigen Ersatz für russisches Gas gefunden hat – und das kann dauern.

Gerade die Grünen bewegen sich auf "dünnem Eis"

“Ver­kom­pli­ziert wird die Aus­gangs­la­ge dadurch, dass Wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grü­ne) außer Lip­pen­be­kennt­nis­sen nichts wirk­lich zu bie­ten hat”, meint der deutsche Journalist Ramon Schack in nd-aktuell. “Sei­ne Rei­se ins reak­tio­nä­re Emi­rat Katar, die von vie­len Medi­en als eine Wun­der­lö­sung beju­belt wur­de, hat sich als Flop erwie­sen.”

Erstens könnte Ber­lin aufgrund der langfristigen Abnah­me­ga­ran­tien von Katar und US-Fracking­kon­zer­nen seine Klimaziele bis 2045 getrost begaben. “Außer­dem wer­den aus­rei­chen­de Men­gen an Flüs­sig­gas – wenn über­haupt – erst in eini­gen Jah­ren ver­füg­bar sei­n. Die Grü­nen Habeck und Baer­bock bewe­gen sich dies­be­züg­lich auf dün­nem Eis”.