Die hämischen Worte des ungarischen Außenministers Péter Szijjártó sind wohl als Spitze gegen die Selbstgerechtigkeit westlicher Staaten zu verstehen, die Ungarn in Sachen Rechtsstaatlichkeit belehren.

So schrieb Szijjártó kürzlich auf Facebook: “In Frankreich wurde das Rentengesetz ohne Parlamentsentscheidung geändert. Das geht uns natürlich nichts an, denn wir sind keine Franzosen. In Deutschland wurde das Wahlgesetz mit einfacher Mehrheit geändert. Auch das geht uns nichts an, denn wir sind keine Deutschen. Aber wenn von jetzt an jemand Ungarns Rechtsstaatlichkeit kritisiert, lasst uns laut lachen!”

Niemand solle jetzt noch über Ungarns Rechtsstaatlichkeit herziehenQuelle: MTI

Brüssel misst mit zweierlei Maß

In Deutschland hat die Ampel-Koalition (SPD, Gründe und FDP) vor wenigen Tagen eine umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen, die eine Verkleinerung des Bundestages zum Inhalt hat. Hauptverlierer ist dabei ausgerechnet die Opposition, vor allem die Linkspartei und die bayerische CSU. Diese müssen bei der nächsten Bundestagswahl ernsthaft darum bangen, den Einzug ins Parlament zu schaffen.

In Frankreich wiederum peitschte Präsident Emmanuel Macron ein von Arbeitnehmern erbittert bekämpftes Pensionsgesetz ohne Parlamentsabstimmung eigenmächtig per präsidialem Dekret durch. Demnach wird das Pensionseintrittsalter von 62 auf 64 Jahre angehoben.

Beide Vorgehensweisen sind in den Augen Szijjártós demokratiepolitisch mehr als fragwürdig. Das umso mehr, als die ungarische Regierung von Viktor Orban sich seit Jahren in der Kritik sieht, es mit der Rechtsstaatlichkeit nicht so ernst zu nehmen. Die EU etwa hält milliardenschwere Fördergelder zurück, weil Ungarn den rechtsstaatlichen Normen der Union in ihren Augen nicht gerecht wird.