Bewegte Zeiten in Italien: Die Streikwelle der Taxifahrer weitet sich aus, in La Spezia stürmen hungernde Menschen das Rathaus, weil sie sich kein Brot mehr leisten können. Nun steuert das Land mitten im Hochsommer auf eine Regierungskrise zu.

Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung seilt sich von der Regierungskoalition ab, die das Kabinett von Premier Mario Draghi seit Februar 2021 unterstützt. Bei dem am Donnerstag geplanten Vertrauensvotum im Senat, in dem die Regierung Draghi über eine dünne Mehrheit verfügt, wollen die Fünf-Sterne-Senatoren nicht abstimmen und den Plenarsaal verlassen. Ein Bruch der Koalition wäre die Folge.

Fünf Sterne fordern mehr Gelder gegen wachsende Sozialprobleme

Die Fraktionsvorsitzende der Fünf Sterne im Senat, Mariolina Castellone, bekräftigte, dass ihre Partei nicht bereit sei, das Maßnahmenpaket der Regierung Draghi zu unterstützen. “Wir verteidigen heute die Würde einer Fraktion und einer politischen Kraft, die sich seit Jahren loyal verhält, aber beschämenden Angriffen ausgesetzt ist”, meinte Castellone.

Hintergrund ist ein Streit mit Premier Draghi über einen Gesetzesentwurf zu Hilfsgeldern im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Mit dem Konjunkturpaket sollen unter anderem Familien und Unternehmen bei der Bewältigung der Energiekrise unterstützt werden. Zur Abstimmung steht auch eine Maßnahme, die den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Rom erleichtern soll. Dies lehnt die Fünf-Sterne-Bewegung jedoch vehement ab. Fünf-Sterne-Chef und Ex-Premier Giuseppe Conte sagte am Mittwochabend, die Regierung müsse mehr im Kampf gegen die wachsenden sozialen Probleme unternehmen.

Muss Draghi aufhören?

Conte hatte vergangene Woche eine Reihe politischer Forderungen präsentiert und ihre Erfüllung zur Bedingung für den Verbleib in der Koalition gemacht. Er bekräftigte seine Kritik an Plänen der Regierung, der Ukraine weitere Waffen zu liefern.

Die Situation ist für Draghi heikel. Am Dienstag hatte er betont, dass er unter dem Damoklesschwert von Ultimaten seitens der Regierungsparteien nicht weiterarbeiten könne. Zugleich schloss er aus, dass er ein neues Kabinett ohne die Fünf-Sterne-Bewegung aufbauen könnte. Sollte es zu einem Koalitionsbruch kommen, bleiben Parlamentswahlen im Herbst die einzige Lösung. Aber es wäre ungewöhnlich, dann eine Parlamentswahl abzuhalten, weil diese sich mit der Ausarbeitung und Verabschiedung des Budgetgesetzes für das nächste Jahr überschneiden würde. Jetzt muss Staatspräsident Mattarella über das weitere Vorgehen entscheiden.