Zu Jahresbeginn hat sich die Sozialdemokratie in Klagenfurt eingefunden und ein neues „Aktionsprogramm“ präsentiert. Und siehe da: Auf einmal sind Migration und Asyl ein Schwerpunkt-Thema. „Wir müssen irreguläre Migration reduzieren, wir müssen sie verhindern“, erklärte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner in einer anschließenden Pressekonferenz.

Das klang vor kurzem noch ganz anders.

„Ich sehe keine Flüchtlingskrise“ – Rendi-Wagner Ende August 2022

Vor gut vier Monaten wollte Pamela Rendi-Wagner keine Flüchtlingskrise in Europa oder Österreich erkennen. Dabei waren damals die Asyl-Zahlen bereits kräftig im Steigen. Dennoch sprach die SPÖ-Chefin Ende August im Sommergespräch von einem „innenpolitisch gemachten Thema“ der ÖVP. Die Kanzlerpartei wolle damit von anderen Problemen ablenken und auf populistische Weise Stimmen ergattern. „Wo ist die Aufregung?“, erklärte Rendi-Wagner. „Ich sehe keine Flüchtlingskrise.“

Rendi-Wagner beim Sommergespräch 2022Screenshot / ORF

In der Zwischenzeit hat Österreich bis Ende November 2022 sage und schreibe 101.757 Asylanträge registriert – ein kräftiges Plus gegenüber den vorangegangenen Jahren. Darüber hinaus lagen laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex die illegalen Grenzübertritte in die EU auf dem höchsten Stand seit 2016.

„Das europäische Asylsystem funktioniert nicht“

Nun will sich auch das SPÖ-Präsidium des Themas annehmen. Auf Einladung von Rendi-Wagner hielt Migrationsexperte Gerald Knaus, Autor und Vorsitzender der Denkfabrik „Europäische Stabilitäts-Initiative – ESI“, ein Referat zu Migration und Flucht in Europa.

Die von Rendi-Wagner präsentierten Vorschläge setzen mehr auf europäischer, denn auf österreichischer Ebene an. „Das europäische Asylsystem funktioniert derzeit nicht“, beklagte auf einmal auch Rendi-Wagner. „Europa und Österreich müssen die Kontrolle über irreguläre Migration zurückerlangen. Wir müssen irreguläre Migration verhindern!“

(v.l.) Doris Bures, LH Peter Kaiser, Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig im Rahmen der Klausur des SPÖ-Bundesparteipräsidiums in KlagenfurtAPA/SPÖ/DAVID VISNJIC
Pamela Rendi-Wagner während der KlausurAPA/GERD EGGENBERGER

Allianz mit Deutschland und Schweiz vorstellbar

Das könne nur durch eine europäische Lösung gelingen. Allerdings könne man nicht auf eine Einigung aller EU-Mitgliedstaaten warten. „Es braucht strategische Allianzen betroffener Länder, um gemeinsam an Herkunftsländer und Transitländer heranzutreten und durch eine vernünftige europäische Migrationsdiplomatie Kooperationsangebote zu machen.“

Eine solche Kooperation müsse auch schnelle Verfahrensprüfungen und Rückführungsabkommen beinhalten. Auf europäischer Ebene ist für Rendi-Wagner eine intensive Zusammenarbeit mit Deutschland und der Schweiz vorstellbar.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ist aus dem SPÖ-Präsidium auf eigenen Wunsch hin ausgetreten.APA/HANS KLAUS TECHT

Doskozil ist nicht dabei

Nicht an der Klausur teilgenommen hat Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Er hatte in der Vergangenheit vor allem eine fehlende Linie der SPÖ beim Thema Migration immer wieder kritisiert. Seit 2021 ist er auf eigenen Wunsch nicht mehr Mitglied im Präsidium.

Zum Treffen in Klagenfurt wollte er sich nicht äußern.