Im Linzer Jihadisten-Prozess, in dem drei Männer wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung auf der Anklagebank sitzen, ist am Dienstag der deutsche Islamwissenschafter und Experte für islamistischen Terror Guido Steinberg als Sachverständiger zu Wort gekommen. Seine Informationen sollten dem Gericht und vor allem den Geschwornen, die letztlich zuletzt über Schuld oder Unschuld entscheiden müssen, eine Orientierung geben.

Mit Gewalt für ein weltweites Kalifat

Der Experte bemühte sich, ohne ausschweifend zu sein, die Historie von Jihadisten wie Al-Kaida, Al-Nusra-Front und den Islamischen Staat zu erläutern. Ihnen und vielen anderen Gruppierung gemeinsam sei der Anspruch, einen weltweiten islamischen Staat mit islamischem Recht – der Scharia – zu schaffen. Die Jihadisten würden jedoch dieses Ziel immer mit Gewalt verfolgen. Das sei eine Pflicht und der Kampf stehe höher als das Gebet, lautet die Ideologie. Aus Al-Kaida in Afghanistan seien die beiden anderen terroristischen Organisationen entstanden, die im Irak und in Syrien auch gegeneinander kämpften.

Sie hätten nicht nur versucht, Krieger für diese Länder zu rekrutieren, sondern auch Terroristen in westlichen und anderen Staaten, um dort zum Ziel eines islamischen Staates zu kommen. Dazu seien “Filialen” gegründet und Anschläge entweder organisiert, inspiriert oder unter Anleitung verübt worden. Steinberg ging auch auf das Projekt “Lies” mit einer Koran-Verteilung in Deutschland und Österreich ein. Sie ist auch im Linzer Prozess ein Thema. Rund 20 Prozent der in Deutschland Mitwirkenden oder von der Aktion Angesprochenen seien in den Krieg gezogen. Aus Österreich dürften sich rund 300 Kämpfer auf den Weg gemacht haben.

Terror-Verbindungen nach Berlin und Bulgarien

Der Sachverständige berichtete auch über Hinweise auf Verbindungen von einschlägigen Gruppierungen in Berlin und Bulgarien zu Linz. Allerdings müssten grundsätzlich Teilhinweise auf terroristische Aktivitäten und die Verweise auf relevante Persönlichkeiten – in Aussagen, Vorträgen von Predigern, Protokollen von Abhörmaßnahmen, sichergestellten Chats, Internetauftritten oder in einschlägiger auf Computern beschlagnahmter Literatur – auch immer im Kontext beurteilt werden. Dafür ist das Gericht zuständig.

Laut Prozessplan sollen Dienstagnachmittag weitere Zeugen befragt werden. Am Mittwoch ist nach Zeugen ein weiterer Sachverständiger geladen. Am Donnerstag sollen erneut Zeugen gehört werden. Dann stehen die Plädoyers auf dem Programm. Am Freitag könnte ein Urteil gefällt werden, nachdem die Fragen an die Geschworenen formuliert, die Rechtsbelehrung und die Beratung erfolgt sind. (APA/red)