Dieser Text hat es in sich: Die Aufsichtsbehörde hat reagiert und Beschwerde eingelegt gegen die Hausdurchsuchung bei den Medienmachern Wolfgang und Helmuth Fellner. Der dem eXXpress vorliegende Beschwerdetext der Rechtsschutzbeauftragten Gabriele Aicher ist eine vernichtende Kritik am Vorgehen der WKStA. Der Haupteinwand: Die angeordnete Razzia im Medienhaus “Österreich” war zur Gänze rechtswidrig. Doch das ist nicht alles. Auch das Vorgehen im gesamten Ibiza-Großverfahren sei in einer Hinsicht rechtswidrig. So hätten so viele verschiedene Verfahrenskomplexe – unter anderem gegen Heinz-Christian Strache, Thomas Schmid, Josef Pröll oder Sebastian Kurz – nicht in einem einzigen Verfahren zusammengefasst werden dürfen. Doch der Reihe nach.

Kein dringender Tatverdacht gegen Fellner-Brüder

Die Hausdurchsuchung bei den Fellners war der Beschwerde zufolge aus gleich zwei Gründen rechtswidrig. Erstens lag gegen beide kein dringender Tatverdacht vor. In den Worten der Rechtsschutzbeauftragten: “Ein dringender Tatverdacht ist weder gesondert dargelegt worden noch lässt er sich auch nur ansatzweise aus dem gesamten Text erschließen, wobei die Beweislage derartige Schlüsse auch nicht zu tragen vermögen. Zufolge des Fehlens eines dringenden Tatverdachts verstößt die Anordnung gegen das Gesetz.”

Mit anderen Worten: Weder haben sich die Ermittler die Mühe gemacht, den Tatverdacht dazulegen oder zu begründen, noch hätten sie damit Erfolg gehabt, falls sie es versucht hätten. An anderer Stelle spricht die Beschwerde auch von dem “Fehlen der Feststellung sowie einer Begründung der Dringlichkeit des Tatverdachts”. Was die WKStA dem Medienhaus “Österreich” vorhält, sei strafrechtlich irrelevant.

Die Sachverständige Aicher kritisiert hier ausdrücklich die Ausführungen der WKStA. Zum Beispiel: “Der Satz ‘Wolfgang und Mag. Helmuth Fellner kam es darauf an, möglichst hohe Beträge für in den Medien der Fellner-Gruppe geschaltete Inserate zu lukrieren” lässt sich einer strafrechtlichen Kategorie nicht zuordnen.” Auch der von der WKStA angeführte “Tatplan” erwähne “lediglich Chatchachrichten mit Mag. Helmuth und Wolfgang Fellner im Rahmen der Beweiswürdigung, ohne tatbildmäßige Umstände auch nur anzusprechen”. Und zum Vorwurf der Untreue “finden die Beschuldigten nicht einmal Erwähnung”.

Doch abseits des fehlenden dringenden Tatverdachts sei die WKStA auch noch in einem anderen Punkt nicht gesetzeskonform vorgegangen.

Ermächtigung durch Rechtsschutzbeauftragte fehlt

Über die Online-Peilung der Handys der Fellners wollte die WKStA feststellen, wo sich die beiden Beschuldigten aufhielten. Doch dafür fehlte die nötige Ermächtigung durch die Rechtsschutzbeauftragte: “Die beschlussmäßige Bewilligung setzt eine erteilte (ausdrückliche) Ermächtigung voraus, ihr Fehlen bedingt die Rechtswidrigkeit des Beschlusses.” Die Rechtsbeauftragte schildert in der Folge auch, wie diese Ermächtigung umgangen wurde. Die Schilderungen werfen weder auf die WKStA, noch auf den zuständigen Richter, noch auf das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) ein gutes Licht.

So hätte der “Richter das Vorliegen einer Ermächtigung … prüfen und bei deren Nichtvorliegen den Antrag beschlussmäßig abweisen müssen”. Dabei soll dem Richter aber auch nur wenig Zeit geblieben sein, man habe nämlich “durch die verkürzte Ausfertigungsmöglichkeit der richterlichen Kontrollfunktion nicht Rechnung getragen”.

Doch auch das BAK scheint keine gute Rolle gespielt zu haben: “Eine Überprüfung durch die Rechtsschutzbeauftragte … wurde vom BAK verunmöglicht, indem diese auf ein Ersuchen die Kontaktaufnahme verweigerte und stattdessen den Staatsanwalt mit der Frage, was sie sagen sollten, verständigte”.

Einzelne Verfahren hätte man trennen müssen

Brisant für sämtliche Ermittlungen ist aber noch der dritte Einwand der Rechtsschutzbeauftragten: Der Verdacht gegen sämtliche Beschuldigte beruhe auf “Zufallsfunden”. Beanstandet wird, dass für die einzelnen Verfahren kein eigene Akt angelegt wurde, sondern sich alle Verfahren in einem einzigen großen Akt befinden. Damit steht auch für die Bewilligung jeder weiteren Hausdurchsuchung der Richter von vornherein fest. Es ist also immer derselbe Richter, der solche Zwangsmaßnahmen bewilligt. Ein weiterer Aspekt: Die Anzahl der Beschuldigten und damit auch der Anwälte – mittlerweile rund 50 – , die Akteneinsicht haben, wuchs erheblich. Damit bestehen nun auch deutlich mehr Möglichkeiten, Dokumente in die Öffentlichkeit zu bringen, weil dafür deutlich mehr Anwälte “zur Verfügung stehen”.

Auch dies ist der Rechtsschutzbeauftragten Gabriele Aicher zufolge rechtswidrig. Das Unterlassen der Trennung der Verfahren widerspreche den Bestimmungen der Paragraphen 27, 140 Abs 2 der Strafprozessordnung. Darüber hinaus gebe es hier persönlichkeits- und datenschutzrechtliche Bedenken mit Blick auf Ex-Kanzler Heinz-Christian Strache: Das Verfahren gegen ihn war das erste der sogenannten “Ibiza-Verfahren”, doch es wird bis heute “im Kopf aller Anordnungen und Beschlüsse … angeführt”. Dabei war dieses Ursprungsverfahren “bereits zur Gänze (sei es durch Einstellung, sei es durch Strafanträge) erledigt”.

Die Kritik am gesamten Ibiza-Großverfahren birgt Zündstoff. Man versteht, warum die WKStA so scharf reagiert hat. Eine Entscheidung steht noch aus.