Mit 88,24 Prozent Zustimmung kehrte Herbert Kickl als neuer Parteichef vom außerordentlichen Parteitag der FPÖ zurück. Dass seine Vorgänger schon mit deutlich besseren Werten zum Parteiobmann gekürt worden sind, ist bekannt, dass Kickl auf Fragen dazu entsprechend aggressive Konter parat haben würde, war absehbar. Moderator Martin Thür geriet durch Kickls angriffigen Stil dennoch kurz ins Schleudern.

Geringe Zustimmungswerte nützt Kickl für Gegenschlag

Angesprochen auf die Zustimmungswerte von Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer, die deutlich über 90 Prozent lagen, drehte Kickl zunächst die Perspektive: “Man hat schon an der Ein-Moderation erkannt, dass Sie und der ORF keine besondere Freude damit haben, dass es der FPÖ sehr, sehr gut geht.” Dann bemühte er sich im Kontextualisieren: “Wenn Sie fair sind, dann muss man die Ergebnisse immer im Kontext sehen. Bei Norbert Hofer war es etwa ein Ergebnis, wo die Partei nach Ibiza mit dem Rücken zur Wand stand.” Um am Ende nochmals nachzulegen: “Es ist immer eine Unschärfe drinnen im Vergleichen. Ich könnte auch hergehen und sagen, es hat in der ZIB2 einmal einen Moderator gegeben, der hat Robert Hochner geheißen. Ich weiß jetzt nicht, welche Beliebtheitswerte er hatte oder Sie haben, ich glaube es wäre auch unfair, das jetzt zu vergleichen.”

Ein stotterndes “möglicherweise” war Thürs Antwort darauf.

Die Gegenüberstellung mit dem ehemaligen ZIB2-Moderator Robert Hochner brachte Martin Thür für wenige Sekunden beinahe aus dem KonzeptORF/ZIB2

Wo die FPÖ steht, machte Kickl ebenfalls klar, nämlich dort, wo sie immer steht: “Die FPÖ war immer Mitte-rechts und die FPÖ wird auch Mitte-rechts bleiben. Es geht uns um den Schutz der Grenzen, der Liebe zur eigenen Heimat und das sind alles positive Dinge, die nichts mit Extremismus oder gar Rechtsextremismus zu tun haben.”

Identitäre interessant – mit Blick auf EU-Migrationspakt

Thür vermisste aber Klarheit bei Kickls Haltung zu den Identitären: Er sprach den neuen Parteiobmann auf scheinbar widersprüchliche Aussagen dazu an: “Einerseits haben Sie im ‘Report’ gesagt, der Vorstandsbeschluss würde weiter gelten, dass keine Identitären eine Funktion in der FPÖ haben dürfe. Am nächsten Tag auf Puls24 nannten Sie die Identitären dann ein ‘interessantes und unterstützenswertes Projekt’. Was gilt denn nun?” Auch hier reagierte Kickl angriffig und nützte die Gelegenheit, um eine Brücke zu linker Politik und linken NGOs zu schlagen:

“Es wundert mich nicht, dass sie falsch zitieren. Ich habe gesagt, es ist ein unterstützenswertes Projekt, wenn man sich gegen den Wahnsinn des EU-Migrationspaktes einsetzt. Und jetzt verrate ich Ihnen noch ein ‘Geheimnis’! Es ist auch ein unterstützenswertes Projekt, wenn man sich gegen genmanipulierte Lebensmittel einsetzt, wie es viele NGO’s von Links tun. Und es ist auch ein unterstützenswertes Projekt, wenn man sich gegen die Wahnsinnigkeiten wie TTIP und CETA einsetzt. Ich weiß nicht, was da so schwer zu verstehen ist.”

Und um jeden Versuch, hier Kickl nochmals in die Enge  zu treiben, zurückzuweisen, stellte Kickl nochmals klar: “Jetzt sag’ ich es Ihnen noch einmal! Es wird Ihnen nicht gelingen, mir die Worte im Mund umzudrehen. Wenn Sie gesehen haben, was ich vor einer Woche im ORF-Report gesehen haben, dann würden Sie das verstehen. Ich habe gedacht, dass Sie solide recherchiert haben.”

Nicht nur als Oppositionspartei positionieren

Als reine Oppositionspartei wolle er die FPÖ aber nicht positionieren: “Man wäre eine schlechter Obmann, wenn nicht eine Regierungstätigkeit auch ein Ziel wäre. Eine Partei muss Oppositions- und Regierungsfähig sein.”

Angesprochen auf die Corona-Krise, entgegnete Kickl: “Jeder soll selbst entscheiden! Es gibt aber Länder, die diese Zwangsmaßnahmen nicht gehabt haben und die sind nicht schlechter durch die Krise gekommen. Jeder soll sich impfen lassen, der es für richtig empfindet.”

Wie Kickl die FPÖ künftig positionieren wird – ob als Anti-Sebastian-Kurz-Partei, die ein Bündnis mit den anderen Oppositionsparteien eingeht, oder doch als Anti-Links-Partei, die sich vor allem von SPÖ und Grünen abhebt – bleibt abzuwarten. Er kritisierte bei Thür aber auch die jüngste Linkswende der SPÖ angesichts der Forderungen nach erleichtertem Zugang zur Staatsbürgerschaft.

Denken Sie, Herbert Kickl wird der FPÖ als neuer Parteichef wieder mehr Stimmen bringen?