Einige Prominente kritisieren die Wende des deutschen Kanzlers: Noch vor kurzem hat sich Olaf Scholz geweigert, schwere Waffen in die Ukraine zu schicken. Nun liefert die Regierung Panzer. All jenen, die damit nicht einverstanden sind und pazifistische Politik einmahnen, richtet Scholz jetzt sinngemäß aus: Solcher Pazifismus ist falsch, er wird von ihm auch nicht (mehr?) geteilt und er ist darüber hinaus – überholt. In einem Tweet erklärt Scholz: “Ich respektiere jeden Pazifismus und jede Haltung. Aber es muss den Bürgern der Ukraine zynisch vorkommen, wenn ihnen gesagt wird, man solle sich gegen die Putinsche Aggression ohne Waffen verteidigen. Das ist aus der Zeit gefallen.”

Offensichtlich antwortet Scholz damit auch jenen 28 Intellektuellen und Künstlern, die sich in einem offenen Brief an ihn gewandt haben und die Waffenlieferungen kritisiert haben, unter ihnen die Feministin Alice Schwarzer, der Musiker Reinhard Mey und der Kabarettist Gerhard Polt.

Konstantin Wecker sorgt sich um die pazifistische Idee

Einer, der sich auch angesprochen fühlen könnte, ist der bekannte Sänger und Liedermacher Konstantin Wecker (74). Er hatte die deutschen Grünen kritisiert, die sich schon vor Scholz für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausgesprochen haben. Für Wecker ist es “erschreckend, welche Wandlung die grüne Politik durchmacht”. Und: “Die pazifistische Idee darf nicht sterben!”

Konstantin Wecker bleibt bei seinem pazifistischen Weltbild.APA/HERBERT NEUBAUER

Was der eingemahnte Pazifismus in der Praxis bedeutet, das erläuterte der Friedensbeauftragte der evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Friedrich Kramer. Er sagt auf die Frage, wie man auf die Kriegsverbrechen Putins in der Ukraine reagieren solle: “Manchmal können wir alle nur hilflose Zuschauer sein. Und das ist vielleicht gut so.” Waffenlieferungen sind für Kramer natürlich tabu. Der deutschen Regierung richtet er aus: “Wir dürfen da nicht gesinnungsethisch reingehen, wir müssen nüchtern draußen bleiben”.

Kritische Stimmen auch in der SPD

Auch in der SPD gibt es solche Stimmen. Michael Müller (SPD), ehemaliger Bürgermeister von Berlin, und nun Bundestagsabgeordneter, erklärte bei n-tv: “Ich staune bei einigen, die sich auch die Situation vor Ort angeguckt haben, wie schnell man jetzt nach schweren Waffen ruft.”

Dazu meint der Kolumnist Sascha Lobo im “Spiegel”: “Dem russischen Faschistenführer Putin kann gar nichts Besseres passieren als solche westlichen Führungsfiguren, die direkt oder indirekt sagen, dass uns die Ukraine nichts angeht.” Er spricht von “Lumpen-Pazifisten”.