Es ist eine Büchse der Pandora, die der Krieg in der Ukraine für Asylsuchende geöffnet hat – und Schleppernetzwerke nutzen ihn eiskalt aus. Sie wecken vor dem Hintergrund des Krieges nun auch bei Schutzsuchenden aus Ländern Hoffnungen, die in Österreich sonst nicht aufgenommen werden würden – und bringen sie nun dennoch zu uns. Das zeigen auch die Beobachtungen der Exekutive: Derzeit registriert Österreich auffallend viele Aufgriffe von Staatsbürgern aus Indien, Pakistan, Algerien, Tunesien oder Marokko, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien erklärte.

Die niederösterreichische Polizei beim Auffinden eines Schlepper-LKWsLPD NÖ

Karner und Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt, präsentierten anlässlich des Weltflüchtlingstags den Schlepperbericht 2021. Demnach gab es im Vorjahr mit 41.612 die dritthöchste Zahl an Aufgriffen von Flüchtlingen in den vergangenen zehn Jahren. Höher waren die Zahlen nur in den von der Flüchtlingswelle im Zuge des syrischen Bürgerkrieges geprägten Jahren 2015 und 2016. Für heuer deutet die Zahl der Aufgriffe in den ersten fünf Monaten auf einen weiteren Anstieg hin. Auf genaue Prognosen wollte sich der Innenminister aber nicht einlassen.

Die Grenzübertritte nach Österreich nehmen nach der "Pandemie-Pause" wieder deutlich zuAPA

“Das letzte Jahr war auch von der Pandemie geprägt”, sagte Karner. Das habe das Geschäft der Schlepper noch gehemmt. Dennoch gab es einen deutlichen Anstieg bei den Festnahmen von Schleppern. 2020 – ebenfalls von der Pandemie beeinflusst – waren es 311 Menschen, die unter dem Verdacht der Schlepperei festgenommen wurden, 2021 stieg diese Zahl auf 441, die höchste Zahl in den vergangenen fünf Jahren. Heuer gab es in den ersten fünf Monaten bereits mehr als 200 Festnahmen. Der Großteil der Gerichtsverfahren gegen die im Vorjahr Festgenommenen ist übrigens bereits abgeschlossen.

Ukrainische Flüchtlinge am Wiener HauptbahnhofAPA

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch stark auf die Flüchtlingssituation in Österreich aus. Karner zufolge befinden sich 76.000 Kriegsflüchtlinge im Land. 56.000 sind in der Grundversorgung. Heuer wurden 9.000 positive Asylbescheide ausgestellt, dazu kamen rund 20.000 negative.

"Aggresives, brutales Marketing" der Schlepper

Der Innenminister sprach von “aggressivem, brutalen Marketing” der Schlepper bei Migranten, die aus Ländern kommen, deren Staatsbürger kaum Chancen auf Asyl haben. So gab es heuer bereits rund 3.200 Asylanträge von indischen, türkischen und tunesischen Staatsbürgern. Die Zahl der Schnellverfahren stieg von rund 3.600 im gesamten vergangenen Jahr auf 4.000 allein in den ersten fünf Monaten heuer. “Wir müssen ein funktionierendes, glaubwürdiges und ehrliches Asylsystem haben”, sagte Karner. Dieses gelte es, gegen Missbrauch durch Schlepper zu schützen, damit es für die zugänglich sei, “die es wirklich brauchen”.