Manche Beobachter sind von dem Preisanstieg überrascht. Immerhin füllen sich ja zurzeit die Gasspeicher in Europa und in Deutschland. Alleine am Montag stiegen die Speicher-Füllstände in Deutschland um 0,70 Prozentpunkte auf 76,79 Prozent. In Deutschland könnten die Gasspeicher demnach bereits Ende September oder früher vollständig gefüllt sein. Damit wird zurzeit deutlich mehr Gas importiert als zurzeit verbraucht wird.

Der heiße Sommer verschärft die Krise

Die jetzige Erdgas-Rallye hat zum einen der heiße Sommer auslöst. Er verstärkt zurzeit die Nachfrage und verschärft die Energiekrise, die nun die großen Volkswirtschaften in eine Rezession zu stürzen droht. Das heiße, trockene Wetter lässt Flüsse schrumpfen und behindert den Energietransit.

Die Kürzungen von Gazprom ließen erstmals die Preise kräftig steigenAPA/GETTY
Das erdgasbetriebene Heizkraftwerk Klingenberg: Deutschland bezieht immer noch einen großen Teil seines Erdgases aus Russland.Sean Gallup/Getty Images

„Der scheinbar unaufhaltsame Aufwärtstrend bei europäischem Erdgas setzte sich fort“, meinen die Analysten von Deutsche Bank Research. „Die Preise wurden durch die jüngste Hitzewelle in Europa begünstigt, die Flüsse austrocknen ließ und Probleme beim Transport von Brennstoffen verursachte, was die bestehenden Probleme des Kontinents auf der Energieseite weiter verschärfte.“

Der Wasserstand an einer Schlüsselstelle des Rheins – Westeuropas wichtigstem Fluss für den Transport von Kraftstoffen und anderen Industriegütern – erreichte diese Woche einen neuen Tiefstand. Damit wurde die Durchfahrt für viele Lastkähne unwirtschaftlich.

Müssen wir im Winter frieren, weil Gas zu teuer wird?GETTY

Wettlauf zwischen Europa und Asien um Flüssiggas

Ein weiterer Faktor dürfte dem Experten Stephen Stapczynski zufolge der wachsende Wettbewerb zwischen den beiden Nachfragern Europa und Asien sein, die sich beide auf dem Weltmarkt genügend Flüssiggas für den Winter holen wollen. Auch das dürfte die Preise weiter antreiben. Der Anstieg des Gaspreises zeige derzeit „keine Anzeichen einer Verlangsamung inmitten einer weltweiten Erdgaskrise“, sagte Stapczynski jüngst.

Auch das kostet: Gasverbrennung mit blauen Flammen auf dem Brenner eines Gasherds.GETTY

Darüber hinaus haben sich Gaslieferungen über eine Pipeline von Algerien nach Italien laut jüngsten Netzdaten um ein Viertel gegenüber Anfang August verringert. Über allem schwebt freilich die Angst, Russland werden auch die letzten Reste von Nord Stream 1 abschalten. Bisher liefert Gazprom nämlich noch 20 Prozent der möglichen Durchleitungskapazität an Gas über Nord Stream 1.

Die Energiepreise in Europa sind zunächst in die Höhe geschnellt, nachdem Russland die Gaslieferungen unter anderem über die wichtige Nord-Stream-Pipeline gekürzt hat, was die Wirtschaft in der Region stark beeinträchtigt.