Die Ermittler des Landeskriminalamts hatten am 6. August 2021 viel Arbeit: Sie trugen 22 Datenträger aus der Wohnung des TV-Kommissars und Burgtheater-Schauspielers Florian Teichtmeister (43). Der oft auf der Bühne die Moralkeule schwingende Nestroy-Preisträger gestand eben, dass er 13 Jahre lang Bilder von sexuell missbrauchten Kindern sammelte. Die Staatsanwaltschaft weiß nach wochenlanger Auswertung: Es sind 58.000 kinderpornografische Fotos, am 8. Februar steht Teichtmeister vor dem Richter.

Seit dem Auffliegen dieses Gerichtstermins am Freitag der Vorwoche ist die linkslastige Wiener Kultur-Blase bemüht, den erschütternden Fall eines ihrer prominentesten Stars von sich wegzustemmen: Niemand hätte tatsächlich “irgendwas Genaues” über Teichtmeisters Kinderporno-Verbrechen gewusst, niemand hätte deshalb auch früher handeln können – und somit den Kaiser-Darsteller früher von der weltweit bekannten Burgtheater-Bühne und aus dem TV verbannen können.

Stand noch 2021 als Kaiser Franz Josef bei der Sisi-Neuverfilmung "Corsage" vor der Kamera: Florian Teichtmeister.

Aufsichtsrat des Burgtheaters tagte sechsmal seit Bekanntwerden erster Verdachtsmomente

Jetzt zeigt sich aber: Bei lebensnaher Betrachtung kann dieses vorgegebene Nicht-Wissen nicht bei allen Personen, die mit Teichtmeister seit August 2021 Kontakt hatten, der Wahrheit entsprechen – das Ausreden-Gerüst zerbröselt.

So hatte Martin Kusej, der Geschäftsführer des Burgtheaters, zwar betont, von dem zur Rede gestellten Florian Teichtmeister mehr oder weniger angelogen worden zu sein. Aber alleine der heftige Verdacht war bekannt, die Meldung hätte auch den Aufsichtsräten des Burgtheaters gemeldet werden sollen – die tagten seit August 2021 mindestens sechsmal. Auch dabei: Aufsichtsrätin Doris Schmidauer, die Gattin des Bundespräsidenten. Auch sie hätte informiert werden müssen, wenn derart schwere Vorwürfe gegen einen der Super-Stars des Hauses am Ring im Raum stehen.

Dazu hätte Kusej wesentlich mehr Interesse zeigen können, einen Skandalfall in seinem Haus sofort zu beenden: Warum hatte er nicht von Teichtmeister ganz konkret die Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft gefordert, warum ließ sich der Burgtheater-Chef mit einem einzigen – schauspielerisch sicher gut abgelieferten Dementi – abwimmeln?

Teichtmeister am Roten Teppich beim Filmfestival in München im Juni 2022

Eltern von junger Schauspielerin schalteten im Oktober 2021 Anwältin ein

Und noch ein erschütternder Fall legt nahe, dass Wiens Kunst- und Kultur-Szene längst mehr über Teichtmeisters dunkle Seite wusste: Im Oktober 2021, zwei Monate nach der Hausdurchsuchung in der Wohnung des Burgschauspielers, wurde Dieter Pochlatko, der bekannte Produzent des Films “Serviam – Ich will dienen”, von der Anwältin der Eltern einer minderjährigen “Serviam”-Darstellerin über ein Foto informiert und zugleich aufgefordert, zu veranlassen, dass sich Teichtmeister dieser Schauspielerin nicht mehr nähert, berichtet der Standard. Es wurde also sogar schon vor 16 Monaten eine Rechtsanwältin eingeschaltet und ein Wiener Top-Produzent informiert, weil Teichtmeister offensichtlich einer sehr jungen Darstellerin zu nahe gekommen ist.

Auch, dass der ORF Florian Teichtmeister schon im Frühjahr 2022 ohne offizieller Angabe von Gründen aus der Serie “Die Toten von Salzburg” herausnahm, lässt die Ausrede, dass die gesamte Wiener Kultur-Szene nichts von dem Fall wusste, doch als etwas lächerlich erscheinen.

Und selbst als der eXXpress dann im Juni 2022 nochmals sehr konkret über die Ermittlungen der Justiz gegen einen Wiener Theater-Star, der Bilder sexuell missbrauchter Kinder sammelt, berichtete, durfte Teichtmeister nur 20 Tage später auf dem Roten Teppich beim Filmfestival in München neben seinen jungen Bühnen-Kolleginnen vor den Society-Fotografen posieren. Dass bei dieser Premiere der Sisi-Neuverfilmung “Corsage” niemand von den schweren Vorwürfen wusste, ist kaum glaubhaft – die Regisseurin des Films gab dazu bisher keine Stellungnahme ab.

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer kündigte eine detaillierte Prüfung der Vorgänge an. Am Burgtheater wurde der Schauspieler am Freitag nach Bekanntwerden des Falles entlassen. Ob das renommierte Theaterhaus zu spät reagiert habe, soll vom Ministerium aufgeklärt werden – dafür wurde eine private Anwaltskanzlei eingesetzt.

Unter Druck: Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer ordnete eine externe Überprüfung der Informationsflüsse an.