Angesichts der wachsenden Spannungen zwischen den USA und China hat der frühere US-Außenminister Henry Kissinger neuerlich die Biden Administration kritisiert. Der Konflikt könnte zur “größten Herausforderung der Menschheit” heranwachsen. Gegenüber dem US-Sender CNN sagte Kissinger: “Das Einzigartige an der Situation ist, dass beide Länder jeweils die Fähigkeit haben, die Welt zu zerstören. Und wenn sie in einen Konflikt geraten, gibt es keine Zurückhaltung beim Gebrauch von Technologie.”

Als Sonderberater von US-Präsident Nixon traf Henry Kissinger (l.) den chinesischen Vorsitzenden Mao Zedong (r.) am 17. Februar 1973 in Peking.APA/AFP/XINHUA

"Es ist eine Verpflichtung, die Probleme zu diskutieren"

Käme es zu einem militärischen Konflikt zwischen den USA und China, sähe die Welt heute unendlich viel schlimmer aus als nach dem Ersten Weltkrieg, sagte der 99-Jährige. “Ich denke, es ist eine Verpflichtung für unsere und ihre Außenpolitik, die Probleme zu diskutieren, die außer Kontrolle geraten könnten.”

Kissinger gibt am 6. November 1989 in Hongkong eine Pressekonferenz über die Zukunft der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsbeziehungen.APA/AFP/jerry sousa

Den Besuch der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan bezeichnete Kissinger als “unklug”. Er sei nur ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein, der China die Möglichkeit geboten habe, Taiwan zu bedrohen.

Kissinger fordert Politik der Entspannung

Kissinger setzt sich für eine Politik der Entspannung mit China ein. Noch im November 2019 reiste er in das Land, warnte dort vor einer Eskalation zwischen den USA und China und kam auch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammen.

Kissinger schüttelt dem chinesischen Premierminister Zhou Enlai die Hand. Der US-Sicherheitsberater reiste zu dem geheimen Treffen im Juli 1971 nach Peking, um den historischen Besuch von Präsident Richard M. Nixon im Jahr 1972 vorzubereiten. APA/AFP/CONSOLIDATED NEWS

Erst vor wenigen Tagen erklärte Kissinger in einem Interview mit dem Wall Street Journal: “Wir befinden uns am Rande eines Krieges mit Russland und China in Fragen, die wir zum Teil selbst geschaffen haben, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie das Ganze enden wird oder wozu es führen soll.” Ein wachsendes “Ungleichgewicht” sei gefährlich. Die US-Politik in Bezug auf die Insel Taiwan habe “den Frieden zwischen China und den USA 50 Jahre lang bewahrt”, sagte er und merkte an, dass “man daher bei Maßnahmen, die die Grundstruktur zu verändern scheinen, sehr vorsichtig sein sollte.”

Geboren 1923 in Fürth in Deutschland

Der Deutschamerikaner wurde 1923 im deutschen Fürth geboren. Seine Mutter war Jüdin. 1938 floh er mit seinen Eltern und seinem Bruder Walter Kissinger aus Angst vor den Nationalsozialisten in die Vereinigten Staaten. Kissinger war später nationaler Sicherheitsberater in den USA und von 1973 bis 1977 Außenminister. 1973 erhielt er den Friedensnobelpreis für das Waffenstillstands- und Abzugsabkommen mit dem damaligen Nordvietnam.