Ob Geschichte, Mathematik oder Geographie: Dass es um die Allgemeinbildung der deutschen Außenministerin wohl nicht allzu gut bestellt ist, hat sich bereits herumgesprochen. So kennt Annalena Baerbock etwa Länder, die „Hunderttausende von Kilometern“ entfernt liegen, spricht von Panzerschlachten im 19. Jahrhundert, und erwartet von Wladimir Putin eine „Wende von 360 Grad“.

Einer ihrer Patzer hat allerdings ein Land und eine dortige Königsfamilie vor den Kopf gestoßen – und das wirkt nach, bis heute. Die deutsche Außenministerin hätte sich besser mit der Geschichte Nigerias befassen sollen.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Der nigerianische Kulturminister Layiwola Mohammed (l.) und Außenministerin Annalena Baerbock im Juli 2022 bei einer Zeremonie in Berlin zur Unterzeichnung einer Absichtserklärung über die Rückgabe der Bronze-Statuen an Nigeria.APA/AFP/Adam BERRY

Prinz Oronsaye: „Sie weiß nicht, wie man sich diplomatisch ausdrückt“

Prinz Okpame-Edward Oronsaye stammt aus Benin City, einer Millionenstadt in Nigeria. Er gehört der Königsfamilie von Benin an und findet harte Worte für Baerbock: „Es tut mir leid, aber Ihre Außenministerin ist zu jung. Sie hat keine Erfahrung, und manchmal merkt man das, wenn sie spricht“, sagt er gegenüber der Berliner Zeitung.

Der Prinz  war auf Baerbocks feierliche Rückgabe der Benin-Bronzen in Nigeria angesprochen worden. Sie wolle ein Unrecht wieder gutmachen, hatte die Außenministerin erklärt. Ob der Prinz auch so empfinde, fragte die Berliner Zeitung. „Sie hat es übertrieben. Das ist das Problem mit Ihrer Außenministerin. Sie weiß nicht, wie man sich diplomatisch ausdrückt. Und anscheinend hat sie keine guten Berater. Die Deutschen haben uns nichts gestohlen. Das waren die Briten.“

Nigeria-Besuch wurde zum Fiasko: Statuen gehen nach Streit an den Oba von Benin

Baerbocks Nigeria-Besuch im Dezember 2022 war zu einem doppelten Fiasko geworden. Erster Patzer: Deutschlands Außenministerin widmete sich der dunklen Kolonialgeschichte zwischen Nigeria und Deutschland und forderte deren Aufarbeitung. Einziges Problem: Nigeria war nie eine deutsche Kolonie.

Doch das war nicht das einzige Fiasko. Mit mehreren Millionen Euro Steuergeld finanzierte Berlin darüber hinaus den Bau eines Museums in Nigeria. Dort sollten Benin-Bronzen gezeigt werden, die Baerbock als Raubgut feierlich zurückgegeben hatte. Doch nun gingen die Kunstwerke in Privatbesitz über.

Der scheidende nigerianische Staatpräsident Mohammedu Buhari hat das Eigentumsrecht an den Artefakten aus dem historischen Königreich Benin an den Oba Ewuare II., das jetzige Oberhaupt der Königsfamilie, übertragen. Insider hatten schon seit Monaten gewarnt, dass es das geplante Museum wohl niemals geben werde. Die Kunstwerke waren 1897 bei einer Strafexpedition von britischen Truppen im Königspalast von Benin geplündert worden.

Deutschlands Ängste nach Ansicht des Prinzen beleidigend

Prinz Okpame Oronsaye hat ein Buch über die Geschichte des Königshauses von Benin verfasst. Im Interview erklärt er auch, warum die Bronzen nicht in dem Edo Museum for African Art gezeigt werden, das Deutschland bereits mit vier Millionen Euro finanziert hat. „Das ist nicht unser Museum“, sagt er. „Der Oba wird ein Museum gegenüber von seinem Palast bauen. Und der nigerianische Präsident hat das verstanden, er ist ein traditionsbewusster Mann.“ Jedes Volk in Nigeria habe einen König. Der scheidende Präsident gehört einem anderen Volk an. „Er ist Fulani. Aber er versteht, dass die Bronzen dem Oba von Benin gehören.“

Die von Baerbock im Dezember überbrachten Artefakte aus Benin-Bronze stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.APA/AFP/Kola Sulaimon
Baerbock hielt im nigerianischen Außenministerium eines der Artefakte aus Benin-Bronze in der Hand. Deutschland hat 20 Beutekunstwerke an Nigeria zurückgegeben, mehr als 100 Jahre nachdem sie bei der Plünderung eines alten Königreichs durch britische Kolonialtruppen gestohlen wurden.APA/AFP/Kola Sulaimon

In Deutschland bezweifeln nun manche, dass jeder zum privaten Museum des Oba Zugang haben wird. Dazu der Prinz: „Das sind die falschen Vorstellungen, die ich nicht mag. Im Palastmuseum wird alles zu sehen sein.“ Der König werde „die Benin-Bronzen nicht verstecken. Er will, dass Menschen nach Benin City kommen, um sie sich anzusehen.“

Zur Angst in Deutschland, der Oba könnte die Bronzen verkaufen: „Das ist beleidigend! Der Oba von Benin wird niemals sein Erbe verkaufen. Alles, was den Menschen von Benin gehört, ist Eigentum des Oba.“ Und: „Er ist einer der reichsten Könige von Nigeria.“