Zurzeit werden Tausende Einwohner von Mariupol von der russischen Armee gewaltsam nach Russland abgeschoben. Das behaupten mehrere ukrainische Persönlichkeiten und Behörden, unter anderem der Stadtrat der Hafenstadt Mariupol. Sie vergleichen dabei die Vorgangsweise der Russen mit jener der Nazis.

Schockierende Luftaufnahmen belegen bereits das Ausmaß der Zerstörung, das Putins Vernichtskrieg in Mariupol angerichtet. Die verbliebenen Einwohner sind eingeschlossen. Berichten zufolge werden die Bewohner des Bezirks Levoberezhny allmählich massenhaft auf russisches Gebiet deportiert. Insgesamt sollen bereits rund 15.000 Einwohner von Mariupol illegal deportiert worden sein, also etwa die Hälfte aller Einwohner, die sich noch im Bezirk Levoberezhny aufgehalten haben.

“Es ist bekannt, dass die Besetzer die bereits kriegsmüden Menschen mit einem Ultimatum zwingen, in Busse zu steigen”, berichtet der Stadtrat. “Es gibt auch Berichte, dass die russischen Besatzer den Menschen ihre Pässe und andere ukrainische Ausweispapiere wegnehmen.”

In abgelegene Regionen deportiert

Die verschleppten Menschen sollen zunächst in so genannte Filtrationslager gebracht werden, von wo aus sie dann auf verschiedene abgelegene russische Städte umverteilt werden. Dem Verteidigungsnachrichtendienst der Ukraine zufolge werde den Ukrainern danach eine offizielle Beschäftigung “angeboten”. Wer zustimmt, erhalte Dokumente, die es ihm verbieten, diese Regionen für zwei Jahre zu verlassen. Zu den angebotenen Regionen gehör etwa Sachalin, eine Insel in der Nähe von Japan.

“Die russische Seite kündigt zwar regelmäßig die mögliche Evakuierung von Menschen in das ukrainisch kontrollierte Gebiet an, aber in Wirklichkeit ist das nie der Fall”, klagt der Stadtrat von Mariupol. “Seit 20 Tagen blockieren die Besetzer den Evakuierungskonvoi und verhindern, dass die Menschen sicher gerettet werden können. Im Moment sind die Busse, die von Saporischschja nach Berdjansk fuhren, um die Bevölkerung von Mariupol zu evakuieren, blockiert. Offensichtlich wird dies nur getan, um zu verhindern, dass Menschen in die ukrainisch kontrollierten Gebiete zurückkehren. Dabei wollen die Bewohner der ukrainischen Stadt genau das.”

Bürgermeister: Wie die Nazis im Zweiten Weltkrieg

Schwere Vorwürfe erhebt der Bürgermeister von Mariupol, Vadym Boychenko: “Was die russischen Besatzer tun, entzieht sich jeder Erklärung. Zuerst blockieren sie eine friedliche Stadt, töten vorsätzlich Menschen und bringen sie dann gewaltsam in ihr eigenes Gebiet.” Was die “Besatzer” tun, sei der älteren Generation vertraut, die noch den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat, als die Nazis Menschen gewaltsam gefangen nahmen. “Leider wiederholt sich die Geschichte. Nur dass es jetzt Rassisten statt Nazis gibt.”

Während des Zweiten Weltkriegs deportierte Nazi-Deutschland Juden und andere Opfer in Ghettos, Erschießungsstätten und Konzentrationslager in den von Deutschland besetzten Gebieten. In vielen dieser Lager nutzten die Nazis die Zwangsarbeit sogenannter “Staatsfeinde” für wirtschaftliche Zwecke und zur Deckung des Arbeitskräftemangels während des Krieges.

Eine Liste der deportierten Einwohner erstellt

Gemäß Bürgermeister Boychenko sei man nun im Begriff, eine Datenbank mit den deportierten Einwohnern von Mariupol zu erstellen und werde sich um ihre Rückkehr in die Ukraine bemühen, berichtet der Bürgermeister.

Bereits am Wochenende beschuldigte die Ukraine Russland, Tausende von Menschen in der belagerten Stadt Mariupol gewaltsam zu verschleppen, und verglich diese Taktik mit den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs – der eXXpress berichtete. Bereits Inna Sovsun, eine ukrainische Abgeordnete, behauptete am Sonntag, dass die Menschen in Mariupol gegen ihren Willen über die Grenze gebracht werden. “Sie nehmen ukrainische Bürger, schicken sie in so genannte Filtrationslager und bringen sie dann in weit entfernte Teile Russlands, wo sie umsonst arbeiten müssen”, erklärte Sovsun gegenüber Times Radio. “Das ist die Logik von Nazi-Deutschland.”