Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) plant die Eröffnung von zwei Verfahren wegen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine, berichten die „New York Times“ und „Reuters“.

Laut „New York Times“ handelt es sich um die ersten internationalen Anklagen seit Beginn des russischen Einmarschs in der Ukraine. Der erste Fall, der vor den IStGH kommen soll, betreffe die angebliche Entführung ukrainischer Kinder durch Russland. Im zweiten Fall gehe es um systematische Angriffe der russischen Armee auf die zivile Infrastruktur der Ukraine, einschließlich der Wasser- und Stromversorgung.

IStGH-Anwalt Karim Ahmad Khan besuchte letzten Monat die Ukraine, um Russlands Angriffe auf das Stromnetz und andere zivile Infrastrukturen zu untersuchen. Während des Besuchs sagte Khan zu Reportern, dass „eindeutig“ ein Muster auszumachen sei, sprich dass die die Angriffe gezielt und von langer Hand geplant gewesen seien.

Unzählige ukrainische Kinder verschleppt und zur Adoption in Russland freigegeben

Anfang März wiederum berichtete CNN über die 15-jährige Arina Jaissiuk, eines von 345 ukrainischen Kindern, die nach ukrainischen Angaben seit dem Einmarsch Russlands am 24. Februar 2022 verschwunden sind.

Die ukrainische Regierung behauptet, dass viele der vermissten Kinder gewaltsam nach Russland gebracht worden seien. Moskau seinerseits bestreitet nicht, ukrainische Kinder entführt zu haben. Die Adoption verschleppter Kinder durch russische Familien ist ein Kernstück der russischen Propaganda.

Ein hochrangiger ukrainischer Beamter erklärte am Montag gegenüber TV-Nachrichtensender „CNN“, dass die Ukraine den Internationalen Strafgerichtshof schon seit einiger Zeit dazu dränge, Haftbefehle gegen russische Personen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu erlassen.

“Die Ukraine hat darauf gedrängt, dass russische Beamte, die in Kriegsverbrechen verwickelt sind, vom IStGH strafrechtlich verfolgt werden, bis hin zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, der letztlich verantwortlich ist”, sagte der Beamte.

Die Zahl der Ermittlungsverfahren zu Kriegsverbrechen wächst in der Ukraine nahezu täglich. Mehr als 60.000 Fälle dokumentierten die ukrainischen Behörden bislang, wie jüngst der Generalstaatsanwalt in Kiew mitteilte. Dabei geht es um gezielte Angriffe des russischen Militärs auf die zivile Infrastruktur, um die Ermordung von Zivilisten, wie in Butscha im vergangenen Jahr, um Folter, sexuelle Gewalt und die Verschleppung von ukrainischen Kindern und Jugendlichen.