Hintergrund ist die Serie von Wahlniederlagen und wachsende Kritik an den beiden Vorsitzenden. Auch die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) schwächte die Partei. In dem am Samstag beschlossenen Leitantrag für den Parteitag heißt es, die Linke sei “zweifellos in einer gefährlichen, existenzbedrohenden Situation”.

Wissler und Schirdewan führen die Linke seit 2022 gemeinsam. Zuvor bildete Wissler ein gutes Jahr ein Spitzenduo mit der Thüringerin Susanne Hennig-Wellsow, bevor diese zurücktrat. Die Partei hat eine Serie von Wahlniederlagen hinter sich. Schon 2021 kam sie nur über eine Sonderregel mit drei Direktmandaten in den Bundestag. Bei der Europawahl im Juni erhielt die Linke nur noch 2,7 Prozent der Stimmen.

"Wunsch nach personellen Neuanfang"

“Ich nehme wahr, dass es in Teilen der Partei den Wunsch nach einem personellen Neuanfang gibt”, schrieb Wissler in ihrer Erklärung. “Ich halte es jetzt für den richtigen Zeitpunkt, Klarheit zu schaffen, zwei Monate vor dem Parteitag, damit der Partei genug Zeit bleibt für ein transparentes Verfahren und eine innerparteiliche Meinungsbildung zu Kandidaturen.”

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Schirdewan appellierte in seiner Erklärung an die eigenen Parteimitglieder: “Gebt denen, die nun bald das Steuer übernehmen, die Chance und das Vertrauen, die Partei auch führen zu können”. Dazu brauche es ein “Ende der teilweise destruktiven Machtpolitik in unseren eigenen Reihen.”

"Es ist scheiße gelaufen"

Schirdewan hatte nach der Europawahl Selbstkritik mit Blick auf den Wahlkampf geübt. Dem “Tagesspiegel” sagte er kürzlich: “Keine Frage: Es ist scheiße gelaufen. Da kann man nicht drumrum reden.” Schon in dem Zeitungsinterview deutete er an, dass er über einen Rückzug nachdachte: “Ich werde rechtzeitig darüber informieren, ob ich noch einmal antrete.”

Danach wuchs der Druck auf die Parteispitze. “Ich sage es hier ganz offen, wir brauchen eine strukturelle, politische und personelle Erneuerung”, sagte der frühere Fraktionschef Gregor Gysi mit Blick auf den Parteitag im Oktober. Ähnlich äußerte sich der Bundestagsabgeordnete Dietmar Bartsch. Die sachsen-anhaltische Fraktionschefin Eva von Angern forderte Wissler und Schirdewan zum Rückzug auf. Kritik kam auch von der langjährigen Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch und vom gescheiterten Europakandidaten Gerhard Trabert.