An Wissenschaft sind die Österreicher nicht sonderlich interessiert. Weder halten sie naturwissenschaftliche Kenntnisse zur Bewältigung des Alltags für wichtig, noch glauben sie, dass Forschung eine wesentliche Stütze des künftigen Wohlstands ist. Zu diesem Ergebnis gelangt eine europaweit durchgeführte Umfrage, die bisher kaum Beachtung fand.

Mit Blick auf Österreich fühlt man sich bei den Resultaten ein wenig an den Kabarettisten Helmut Qualtinger erinnert: “Wos, Travnicek, geben Ihnen Wissenschaft und Technologie?” Antwort: “Wos brauch i des; de san ma Wurscht!”

Österreich und Osteuropa sind besonders desinteressiert an Forschung

Veröffentlicht wurde das Ergebnis dieser von der Europäischen Kommission beauftragten Umfrage schon am 23. September. Sie hat das Wissen und die Einstellung in den EU-Staaten und in den Beitrittsländern zu Wissenschaft und Technologie ermittelt. Es ist die bisher umfassendste Befragung zu diesem Thema.

Fazit: Es gibt ein enormes Gefälle zwischen dem Nordwesten einerseits und dem Südosten andererseits. Während in Ländern wie Portugal, Irland und Schweden die wissenschaftliche Forschung hohe Wertschätzung genießt, ist das in den osteuropäischen Staaten ganz anders. Besonders geringes Interesse besteht tendenziell in Südosteuropa – und auch in Österreich. (Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse findet man auf dem Science-Blog.)

Was die Studie nicht berücksichtigt, was aber ins Auge sticht: In den Ländern mit wenig Wertschätzung für Wissenschaft ist auch die Impfquote gegen Covid-19 besonders niedrig.

Nur die Serben sind noch weniger am Stand der Forschung interessiert

Österreich sticht vor allem durch sein Desinteresse an Forschung hervor. Im EU27-Schnitt unterstreichen mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Befragten: Sie informieren sich gerne in Museen, Ausstellungen und Büchereien über wissenschaftliche Entwicklungen. Das gilt besonders für Portugal (80 Prozent), Irland (68 Prozent), Luxemburg (65 Prozent) und Zypern (64 Prozent), am wenigsten hingegen für Bulgarien, Österreich und Kroatien (jeweils 41 Prozent).

Österreich belegt hier von den insgesamt 27 untersuchten Staaten den vorletzten 26. Platz. Mit 35 Prozent ablehnenden Antworten belegt Österreich einen Spitzenplatz beim Desinteresse, übertroffen nur vom Beitrittsland Serbien (37 Prozent).

Bulgaren, Griechen und Österreicher halten naturwissenschaftliche Kenntnisse für unwichtig

“Naturwissenschaftliche Kenntnisse im täglichen Leben? Es geht auch ohne.” Diese Ansicht vertritt ein Drittel der befragten Bürger. Fast die Hälfte (46 Prozent) erklärt hingegen, solche Kenntnisse im Alltag sehr wohl zu brauchen. Auch hier sticht Österreich im Negativen hervor: Hier hält mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Befragten solche Kenntnisse für unwichtig und nur 29 Prozent erklären, darauf angewiesen zu sein.

Im europäischen Vergleich nimmt Österreich dabei den drittletzten Platz hinter Bulgarien (57 Prozent) und Griechenland (53 Prozent) ein, gefolgt von ehemaligen Ostblockländern wie Slowakei, Ungarn, Polen und Rumänien, und den Beitrittsländern Serbien und Montenegro. Portugal, Malta und Finnland gehören zu jenen Ländern, in denen um die 70 Prozent der Befragten naturwissenschaftliche Kenntnisse im täglichen Leben für wichtig halten.

Österreich hat geringes Interesse an einer naturwissenschaftlich gebildeten Jugend

Sehr unterschiedlich wird auch die Frage beantwortet, ob sich die Jugend für Naturwissenschaften interessieren soll. Die überwiegende Mehrheit stimmt dem voll oder eher zu (68 bis 98 Prozent). Für diese Mehrheit ist klar: Das Interesse junger Menschen an Naturwissenschaften ist Grundvoraussetzung für den künftigen Wohlstand. Auch hier sind wieder west- und nordeuropäische Staaten ganz vorne, nämlich Portugal (80 Prozent), Schweden (64 Prozent), Estland (67 Prozent) und Irland (69 Prozent). Am anderen Ende befinden sich hauptsächlich ehemalige Ostblockländer – und leider wieder Österreich. Nur 27 Prozent stimmen hier voll.

Ein wenig besser schneiden die Österreicher im europäischen Vergleich bei jenen Fragen ab, die auf das Wissen zu naturwissenschaftlichen Themen abzielen, nicht auf die Wertschätzung. Bemerkenswert ist aber: Österreichs sehr teures Bildungssystem schafft es nicht, Begeisterung für Wissenschaft und Forschung zu entfachen.