In Brüssel gilt Österreich bereits seit Jahren als “sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer”: Wien würde zwar einen Schutz durch NATO- und EU-Truppen erwarten, aber bei der Schaffung einer gemeinsamen europäischen Armee bremsen – und dafür die Neutralität als Grund dafür nennen. Dieser Grund ist den Österreichern aber nach wie vor extrem wichtig, wie jährlich wiederholte Meinungsumfragen belegen: Die breite Mehrheit der Bewohner der Alpenrepublik will an diesem Status nichts ändern.

Jetzt kommt aber bereits der nächste Vorstoß zu einer umfassenden gemeinsamen europäischen Sicherheitsstruktur aus Brüssel: Manfred Weber (CSU), der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei und somit politisch eng mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) verbunden, will nun angesichts der Entwicklungen im Krieg in der Ukraine eine dramatische Verbesserung der Verteidigungsbereitschaft der gesamten EU erreichen.

Manfred Weber, der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP)

Auch Forderung nach gemeinsamer Wehrindustrie

So forderte Manfred Weber in einem Interview der Mediengruppe Bayern eine bei weitem intensivere militärische Zusammenarbeit in der EU: “Die EU-Staaten müssen jetzt endlich den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion angehen.”

Dabei müsse es gemeinsame EU-Regeln für den Export von Rüstungsgütern geben, damit eine gemeinsame europäische Wehrindustrie entstehe. “Und wir brauchen gemeinsame Projekte wie den Aufbau eines Raketenschutzschirms für die EU. Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron sind gerade dabei, eine historisch entscheidende Weichenstellung zu verpassen”, berichtete Weber.

Österreich kooperiert seit Jahren intensiv mit Armeen der EU-Staaten, hier ein Übungs-Abschluss mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner.

Könnte Österreich an einer EU-Armee integriert sein?

Mit diesen Aussagen des Konservativen kommt die Bundesregierung in Wien noch mehr unter Druck: Immerhin sorgte schon das Nein der österreichischen Regierung zur Teilnahme am Aufbau eines Raketenschutzschirms für Europa (und dessen Mitfinanzierung) in Brüssel für Irritationen – das von EU-Nationen umgebene Österreich wolle zwar davon profitieren, aber nichts dazu beitragen.

Der Spagat der Bundesregierung in Wien wird immer schwieriger, je länger der Krieg in der Ukraine andauert: Einerseits werden vom Verteidigungsministerium die “vielen guten Kooperationen” in der Ausbildung mit Armeen der EU-Staaten betont, anderseits will niemand Moskau zu sehr provozieren – immerhin ist Österreich noch immer extrem von den Gas-Lieferungen aus Russland abhängig, auch wenn das manchmals ganz anders kommuniziert wird.