Die Corona-Pandemie hat nicht nur tiefgreifende Auswirkungen darauf, wie wir leben – sie verändert auch die Art und Weise, wie wir lieben. Und zwar nachhaltig: Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass Corona kurzen Prozess mit unverbindlichem Sex mit Unbekannten gemacht hat – sexuelle Abenteuer aber deshalb alles andere als aus dem Schlafzimmer verbannt worden sind. Denn: Unverbindlicher “Casual Sex” àm la One Night Stands und Co. ist zwar out – aber die Lust am Spaß zu zweit ist definitiv in.

Seit Ausbruch der Pandemie haben die Menschen weniger One-Night-Stands. Dass das so ist, ist leicht nachvollziehbar – traf man früher potentielle Partner für ein heißes aber einmaliges Techtelmechtel überall zwischen Afterwork, Discobesuch, Cocktailbar oder Firmenfeier an, haben die vielen Lockdowns und Schutzmaßnahmen das “Jagdgebiet” für Fans von One-Night-Stands eindeutig eingeschränkt. Allein aus taktisch-praktischen Gründen darf es da schon ein bisschen “verbindlicher” sein. Darum wird das Konzept der “Friends With Benefits”, also “Freundschaft Plus”immer populärer.

Das geht aus der “The National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles“ (Natsal) hervor, einer Langzeitstudie zur sexuellen Gesundheit der Briten, die seit 1990 durchgeführt wird. Im Jahr 2020, also zu Beginn der Pandemie, wurde die Umfrage zum ersten Mal rein virtuell durchgeführt und brachte spannende Ergebnisse zutage. So hatten beispielsweise 63 Prozent der 6500 Befragten in ersten Jahr, in dem es Lockdowns gab, Sex. Dreiviertel der Menschen aus dieser Gruppe befand sich in der Zeit in einer festen Partnerschaft.

Und die restlichen 25 Prozent? Hier wird es interessant: Sie hatten auch ohne festen Partner Sex – aber in längeren, eher freundschaftlich geprägten Bekanntschaften. Wofür es auch abseits der Pandemiebedingungen überzeugende Gründe geben dürfte. Denn ausgerechnet in dieser Gruppe gaben die Befragten eher an, jeden Tag oder zumindest jede Woche Sex zu haben – und erklärten generell eher, dass sich ihr Sexleben in der Pandemie verbessert habe.

Obwohl die Prozentzahl derer, die One-Night-Stands haben, gesunken ist, scheinen also auch Singles weiterhin sexuell aktiv zu sein. Nur eben mit weitaus weniger Fluktuation zwischen den Partnern. Jene Menschen, die in Freundschaft-plus-Beziehungen Sex hatten, nutzten übrigens auch eher Sexspielzeuge und hatten eher „virtuelle Erlebnisse“. Sie scheinen experimentierfreudiger zu sein. Was Sinn ergibt: Bei einem One-Night-Stand würden die allermeisten sich wohl noch nicht wohl genug mit dem anderen fühlen, um bereits Sexspielzeuge auszupacken oder besondere Vorlieben anzusprechen.

In längeren Affären hingegen steigt das Vertrauen – und die Lust darauf, nicht nur 08/15-Sex zu haben. Was auch erklären dürfte, warum erstmals nicht die Missionarsstellung die beliebteste ist, sondern „Doggy Style“, also von hinten. Das ist eine der Erkenntnisse aus einer Umfrage des Onlineshops Amorelie, der für seinen „Sexreport 2022“ 2000 Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach ihren Vorlieben gefragt hat. Auch bei den beliebtesten Fantasien tut sich demnach etwas. 30 Prozent können sich einen Dreier vorstellen, 22 Prozent Tantra, 20 Prozent Rollenspiele und 18 Prozent Bondage und Fesselspiele. 13 Prozent hätten sogar gerne Sex auf einer Party – wenn die mal wieder so rauschend wie gewohnt stattfinden können.

Einen weiteren Hinweis darauf, dass immer mehr Menschen sexuell offener werden, liefert eine weitere Umfrage aus Großbritannien: Dort geben immerhin acht Prozent der 2000 der Teilnehmer an, sie seien nun aufgeschlossener gegenüber Erfahrungen mit demselben Geschlecht als noch vor Beginn der Pandemie. Und an die zum Teil dramatischen Umsatzsteigerungen von Erotik-Versandhändlern Anfang 2021 erinnern sich die meisten sicherlich auch noch (der Shop eis.de verzeichnete etwa ein Plus von 300 Prozent bei den Bestellungen eines bestimmten Vibrator-Modells).

Doch laut Natsal-Umfrage gab auch immerhin ein Viertel aller Befragten an, in den Jahren 2020 und 2021 keinen Sex gehabt zu haben. Auch das dürfte ein Grund für die sinkende Anzahl von One-Night-Stands sein: So mancher verspürt angesichts von Kontaktbeschränkungen und Gesundheitsrisiken offenbar gar keine Lust mehr.