
Alf Poier: „Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, politisch korrekt zu sein“
Der Kabarettist, Musiker und Maler Alf Poier kann als Enfant terrible der österreichischen Kunstszene bezeichnet werden. In seinem neu erschienenen „Bunt geschwärztes Bilderbuch“ geht er mit der „Cancel Culture“ und politischen Korrektheit hart ins Gericht. Exxpress war bei der Buchpräsentation dabei.

Gemälde, über die sich schwarze, getrocknete Farbe zieht. Ein Künstler, der sich ebenso mit schwarzer Farbe übergießt und dabei „Selbstcancelung statt Fremdcancelung“ schreit. Alf Poier „gebiert“ seine „Arte ingrata“ – so nennt er seine neue Kunst, die sich mit „Cancel Culture“, Meinungsfreiheit und politischer Korrektheit auseinandersetzt – am Mittwoch in der Galerie Kaiblinger im ersten Wiener Gemeindebezirk aus einer Sandkasten-Muschel heraus, in Anlehnung an Botticellis Werk „Die Geburt der Venus“.
Poier cancelt sich selbst – bevor es wer anderes tut
Der Kabarettist, Musiker und Maler Alf Poier startete die Präsentation seiner neuen Publikation, das im Seifert Verlag erschienene „Bunt geschwärztes Bilderbuch“, mit dieser radikaldadaistischen Kunstperformance. In dem Buch enthalten sind nicht nur Poiers „Cancel Culture“-Bilder, sondern eine Gesamtschau seiner Werke, die in einem Zeitraum von mehr als 20 Jahren erschienen sind und die teilweise in seinen Kabarett-Programmen zum Einsatz kamen.
Das Protobild der Ausstellung mit dem Motto „Selbstcancelung vor Fremdcancelung“, das auch auf dem Buchcover zu sehen ist, zeigt eine hochkant gedrehte Regenbogen- beziehungsweise „Pace“-Fahne, die mit schwarzer Farbe übergossen ist. Auf einem anderen Gemälde ist ein großes Kreuz dargestellt, auf dem an der Stelle, wo eigentlich die „INRI“-Inschrift angebracht ist, eine „Pace“-Fahne – würde man sie umdrehen, wäre es eine Regenbogenfahne prangt. Ist das Bild eine Anspielung und Kritik darauf, dass die LGBTQ-Bewegung womöglich zu einem Religionsersatz wurde?
Das liegt wohl im Auge des Betrachters. Wie die anderen Bilder der Serie, cancelte der Künstler auch dieses vorab selber mit herunter rinnender schwarzer Farbe – bevor es jemand anderes machen kann.

Kein zeitgenössisches Reizthema wird ausgelassen
Der Künstler macht sich in seinen Werken über typische ideologische Kriegsschauplätze der Postmoderne lustig. Auf einem 2021 erstellten Bild ist Poiers schon oft dargestellter „dadaistischer Teufel“ abgebildet, der dazu verdonnert ist, auf der Mariahilfer Straße kleine gelbe Gender-Sternchen auszuteilen. Das ist eine Strafe dafür, dass er – so steht es in der Bildbeschreibung – „irrtümlicherweise eine gebärende Person als Frau bezeichnet hat“. Es gibt kaum ein zeitgenössisches Reizthema, das der sich selbst bezeichnende „Gegenkünstler“ und „dadasophischen Gesamtkunstwerker” nicht auslässt.
In seinen Gemälden werden unter anderem Elektroautos, die Umwelt-NGO Greenpeace, das Vorarlberger Bier Mohrenbräu oder der Krieg in der Ukraine thematisiert.
„Ich bin Freigeist und Nonkomformist"
Was möchte Alf Poier mit seinen selbstgecancelten Bildern ausdrücken? „Was ich sagen möchte, ist, dass die Kunstszene Themen sehr einseitig behandelt. Man muss das ganze Spektrum beleuchten und das fehlt mir. Das hat damit zu tun, dass Förderungen sehr spezifisch vergeben werden“, sagt Poier gegenüber dem exxpress.
Der Künstler, der Österreich 2003 auf dem Eurovision Song Contest vertrat, brauche keine Förderungen und wollte diese auch nie. „Ich bin Freigeist und Nonkomformist und da lehne ich Förderungen von Haus aus für mich ab“, erklärt er.
Er kenne viele Künstler, einflussreiche Leute und Prominente, die seine Meinungen teilten. Privat äußern sie ihre Ansichten, beruflich halten sie damit hinter dem Berg, weil es dadurch Nachteile geben könne.
Mit Humor und Satire den Diskurs auflockern
„Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, politisch korrekt zu sein. Die Aufgabe der Kunst ist es, den gesellschaftlichen Konsens voll inhaltlich zu diskutieren und dabei keine Themen auszusparen. Das wird aber leider oft gemacht“, ergänzt Poier. Themen werden in der Kunst wie auch in Debatten oft sehr einseitig behandelt – dazu möchte er ein Gegengewicht darstellen. „Ich möchte mit Humor und Satire den Diskurs ein bisschen auflockern“, beschreibt er seinen Zugang.
„Ich stelle mich ein bisserl gegen diese ganze etablierte Kunstszene, die ihre gewisse Regeln und Vorgaben hat. Die Kunst hat aber keine Vorgaben zu haben“, sagt Poier. Das drücke auch die österreichische Verfassung aus, die die Freiheit der Kunst hervorhebt. „Herr Van der Bellen lobt unsere Verfassung ja so und zeigt sie her, aber wir sollten uns auch daran halten“, findet das Enfant terrible der österreichischen Kunstszene. Alf Poier erinnert an den Spruch auf der Wiener Secession: „Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit!“ – und findet: „Das soll man eigentlich ernst nehmen, gerade in Zeiten wie diesen“.
Alf Poiers Ausstellung: „Bunt geschwärztes Bilderbuch”: Malerei – Zeichnungen – Objekte. kann vom 07. bis 28. März 2025 in der Galerie Kaiblinger besucht werden.
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