Trauer um Ismael Ivo: ImPulsTanz-Mitbegründer ist an Corona verstorben
Trauer und Fassungslosigkeit herrscht in der Wiener Kunst- und Kultur-Szene. Mit Ismael Ivo ist ein ganz Großer gegangen.
Der brasilianische Choreograf und Mitbegründer des Wiener ImPulsTanz-Festivals, Ismael Ivo, ist tot. Er verstarb am Donnerstag im Alter von 66 Jahren in seiner Heimatstadt São Paolo an einer Covid-Infektion. Entsprechende Medienberichte wurden der APA vom ImPulsTanz-Festival bestätigt. Der am 17. Jänner 1955 geborene Ivo hatte ImPulsTanz 1984 mit Karl Regensburger gegründet und war dafür 2019 mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet worden.
Ivos außergewöhnliche Vita
Da hatte Ismael Ivo schon eine der beeindruckendsten Tanzkarrieren der vergangenen Jahrzehnte hinter sich gebracht. Geboren 1955 als Sohn eines Bauarbeiters und einer Putzfrau in Brasiliens Metropole São Paulo studierte Ivo in den 1970ern zunächst Sozialwissenschaft und Psychologie sowie Philosophie und Soziologie in seiner Heimatstadt, absolvierte ab 1976 aber auch parallel eine Tanzausbildung im Dance Center Ruth Rachou.
1983 dann folgte der Schritt aufs internationale Parkett, als Ivo eine Einladung nach New York an Alvin Ailey’s American Dance Center annahm. Im Laufe seiner Karriere als Tänzer und Choreograf, die sich bis in reifere Alter spannte, sollte Ivo später mit Größen der Zunft wie Johann Kresnik, George Tabori oder Marcia Haydée arbeiten.
In der Vermittlung und kuratorischen Gestaltung entdeckte Ivo allerdings seine zweite Leidenschaft. Bereits 1984 hob er gemeinsam mit Karl Regensburger die Internationalen Tanzwochen Wien aus der Taufe. Diese entwickelten sich im Laufe der Jahre zum heute international renommierten ImPulsTanz, dem größten Tanzfestival Europas. Mit Hoffnung und Leidenschaft habe man es geschafft, den Tanz im damals ausschließlich als Musikstadt begriffenen Wien zu etablieren, erinnerte sich Ismael Ivo 2019 bei der Verleihung des Ehrenkreuzes an diese Zeit: “Es ist möglich. Verliert nie die Hoffnung auf Veränderung!”
Ivo habe einen stets mit seinem Optimismus mitgerissen, erinnert sich ImPulsTanz-Chef Karl Regensburger gegenüber der APA an die gemeinsame Arbeit: “Selbst in unseren dunkelsten finanziellen Zeiten hat er hell aufgelacht, gemeint ‘Wir schaffen das’, und dann hat man es selbst auch geglaubt.” Auch für die heurige Festivalausgabe, die am 15. Juli starten soll, waren zahlreiche Kooperationsprojekte geplant gewesen. Man werde dem Spiritus Rector des ImPulsTanz nun stattdessen leider in der einen oder anderen Form gedenken müssen. “Er war noch nicht fertig mit all seinen Plänen”, konstatierte Regensburger angesichts des letztlich überraschenden Covid-Todes seines Wegbegleiters. So hätte noch im heurigen Herbst in Ivos Heimatstadt Sao Paulo das Choreografische Zentrum Ismael Ivo eröffnen sollen.
Doch auch wenn es ihn später zu neuen Aufgaben zog, blieb Ivo Wien und dem ImPulsTanz stets verbunden, wo er zuletzt etwa sein Ausbildungsprojekt “Biblioteca do Corpo” präsentierte. Auch wurde der Brasilianer 2013 Gastprofessor am Max-Reinhardt-Seminar. Zugleich zog es den umtriebigen Tanzmacher auch in andere Länder. So leitete er von 1996 bis 2005 das Tanztheater des Deutschen Nationaltheaters in Weimar und zwischen 2005 und 2012 die Sektion Tanz der Biennale Venedig. Zuletzt hatte Ivo 2017 die Leitung des Balé da Cidade de Sao Paulo übernommen, wo er im gleichen Jahr auch zum Co-Intendanten des Opernhauses aufstieg. Und in seiner alten Heimatstadt verstarb Ismael Ivo nun auch. Am gestrigen Donnerstag (8. April) erlag er den Folgen einer Covid-Infektion.
Kunst- und Kulturstaatssekretärin ebenfalls sehr betroffen
Betroffen zeigte sich in einer Reaktion Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne): “Ismael Ivo hat Wien aus seinem tänzerischen Dornröschenschlaf erweckt und die Vorstellung aus dem 19. Jahrhundert, dass Wien tanzt, erneut Realität werden lassen. […] Er verstand sein Wirken als Befreiung des Körpers und bereitete damit auch den heute allgemein anerkannten Weg der Inklusion vor. […] Seine Choreographien waren als Denkmuster zur Erlangung der Freiheit zu verstehen.” Auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zollte dem Verstorbenen ihren Respekt: “Der viel zu frühe Tod von Ismael Ivo lässt mich betroffen zurück. Wien verdankt Ismael Ivo so viel. […] Übersetzt in die emotionalen Zeichen des Tanzes, übertragen von Körper zu Körper, wurde Ivos Wissen fühlbar, begeisterte und berührte die Menschen.” (APA/red)
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