Tägliche Fallzahlen können den Behörden in der Krise nicht mehr helfen, schwerwiegende Entscheidungen über Maßnahmen zu treffen. Experten fordern deshalb ein Umdenken. Wie bei der Grippe sollen Daten über Spitalaufenthalte und Todesfälle veröffentlicht werden, aber keine Zahlen mehr über die Anzahl der Fälle. Denn, die unter Omikron in die Höhe schießende Fallzahlen würden unnötig für Panik sorgen. Eines muss nämlich klar sein, das Virus lässt sich nicht komplett eliminieren.

„Fallzahlen lösen eine Menge Panik und Angst aus, aber sie spiegeln nicht mehr das wider, was früher der Fall war, nämlich dass die Krankenhauseinweisungen mit den Fällen übereinstimmen“, sagt die Infektiologin Monica Gandhi von der University of California in San Francisco. So haben Neuinfektionen auch in den USA zum Jahresende den Rekord gebrochen. Doch während sich die Zahl der Fälle in den Vereinigten Staaten in den beiden letzten Wochen fast verdreifachte, nahm die Zahl der Spitalaufenthalte um knapp 20 Prozent zu und die Zahl der Todesfälle ging um fünf Prozent zurück, berichtet „Blick“.

"Brauchen nicht mehr jeden einzelnen Fall identifizieren"

Gandhi wünscht sich sogar, dass Fallzahlen gar nicht mehr veröffentlicht werden. In Kanada wird dieser Ansatz offenbar bereits in die Tat umgesetzt. Robert Strang, leitender Gesundheitsbeamte der ostkanadischen Atlantikprovinz Nova Scotia, sagte am Donnerstag vor Medien, dass sich die Regierungsbehörde nicht mehr auf die tägliche Zählung der Fälle konzentriere. „Wir brauchen nicht mehr jeden einzelnen Fall der Variante zu identifizieren und von der Gesundheitsbehörde behandeln zu lassen“, so Strang. Omikron sei überall um uns herum, und wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass man sich überall anstecken könne.

Auch in Großbritannien setzte ein Umdenken ein. Zwar hat England eben den zweiten Tag in Folge mehr als 160.000 neue Fälle gemeldet, so viele wie noch nie seit Ausbruch der Pandemie vor bald zwei Jahren. Doch die britische Regierung will neue Einschränkungen nur „als absolut letzten Ausweg“. Auf den Intensivstationen sei die Lage weiterhin weniger dramatisch als vor rund einem Jahr.