Kaum ein Thema ist (neben der allgegenwärtigen Coronapandemie) so vieldiskutiert und hat einen derartig hohen Impact auf die Wirtschaft wie der Klima- und Umweltschutz. Nicht erst seit Greta Thunberg und den “Fridays for Future” ist “Green Everything” in aller Munde. Aktuell ist aber auch von großem Interesse, was der durch die Coronakrise angeschlagenen Wirtschaft wieder auf die Beine hilft und wie das möglichst “grün” und nachhaltig geschehen kann – essentiell dabei: Der Arbeitsmarkt. In einem Interview mit dem “Kurier” sprach Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer nun Klima-Klartext im Wirtschafts-Kontext.

Umwelt- und Klimaschutz als "österreichischer Exportschlager"

Dabei zeichnet der WKÖ-Chef ein Bild von großen Chancen, welche die Energiewende im Strombereich Österreich bescheren soll. Auf eine von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zitierte Studie der Uni Linz, wonach ebendiese Energiewende in den nächsten Jahren gut 100.000 “Green Jobs”  in Österreich schaffen soll, angesprochen, kontert Mahrer mit Fakten aus dem Hier und Jetzt und noch beeindruckenderen Zahlenprognosen für die Zukunft.

Einerseits betont er, dass Österreich “schon eine ganze Menge Green Jobs” habe: “Das ist ja das wunderbare Fundament, auf das die österreichische Wirtschaft aufbauen kann. Die Österreich Wirtschaft kann Klima- und Umweltschutz, das ist einer unserer erfolgreichsten Exportschlager weltweit. Ungefähr 12,6 Milliarden Euro Wertschöpfung haben wir in dem gesamten Bereich. Wir reden von einer Exportquote von sensationellen 75 Prozent”, so der WKÖ-Präsident.

Mahrer will "Klimaschutz, der die Wirtschaft tun lässt"

Zwischen den Zeilen des Interviews vermag man auch durchhören, dass in Sachen Umweltschutz “grün” nicht gleich “grün” ist, und das viel zitierte “Greenwashing” eine Falle ist, in die Mahrer Österreich nicht tappen sehen möchte: Er plädiert für “gut gemachten Klimaschutz, also keinen der sich gegen die Wirtschaft richtet, sondern die Wirtschaft tun lässt, sogar noch mehr Jobs entstehen können”.  Und hier sieht Mahrer tatsächlich noch das Potential für um ein Vielfaches mehr an Arbeitsplätzen, als die von Gewessler angesprochene Studie erhoffen lässt. So gäbe es laut Mahrer “von unserem Haus, aus der Industrie und von den unterschiedlichen Branchenverbänden Kalkulationen und Szenarien, wo wir sogar auf über 200.000 zusätzliche Jobs bis 2030 kommen”.

Das wären dreimal so viele, wie die Linzer Studie sich von der Energiewende verspricht. Eine stolze Zahl, der aber auch ein Haken anhaftet, wie Mahrer einräumt: Diese Szenarien kommen “mit einem Wenn und Aber”, so der Wirtschaftskammerpräsident: “Dafür brauchen wir bestimmte Rahmenbedingungen.” Was genau diese Rahmenbedingungen sind?

Für Energiewende-Job-Boom braucht es viel Kapital und weniger Regulationen

Da stellen sich laut Mahrer zwei zentrale Fragen. Erstens wäre da die Frage: “Wer zahlt das alles?”.”Es braucht eine Menge an Kapital, das umgeschichtet wird aus anderer Investitionstätigkeit. Dazu muss ich Anreizwirkungen setzen. Was wir uns wünschen, wäre eine Kapitalertragsteuerbefreiung, auf europäischer Ebene werden ähnliche steuerliche Anreize bereits diskutiert für alles, was grüne Anleihen sind, ähnlich wie bei den Wohnbauanleihen. Das würde Sinn machen, weil ich mein Geld dort anlege, wo ich etwas mehr herauskriege. Denn der Staat kann das sicher nicht alles alleine zahlen”, erläutert der WKÖ-Präsident.

Zweitens wäre da noch die Frage um die regulatorischen Rahmenbedingungen: “Wir brauchen deutlich schnellere Genehmigungsverfahren, denn wenn ich auf große Projekte zehn Jahre warte, werde ich kein Klimaziel erreichen. Das heißt, die Regierungsparteien müssen sich darauf einigen, Genehmigungsverfahren im öffentlichen Bereich einfacher zu machen und zu beschleunigen, bei Bau- oder Umbauvorhaben, oder bei Zulassungen, beim Recht, eine Ladestation fürs E-Auto in einer Garage eines Mehrparteienhauses zu installieren”, meint Mahrer.

Wenn diese Rahmenbedingungen geschaffen und die entsprechende Finanzierung gesichert sind, sieht Mahrer in den “Green Jobs” einen großen Jobmotor für das ganze Land. “Und es sind gut bezahlte Jobs. Man muss das, glaube ich, aber besser vermarkten. Das sind Zukunftsprojekte die gute Chancen bieten”, meint Mahrer dazu abschließend.