Ihre Kunden sind bereits etablierte Unternehmen. Inwiefern haben Sie mit Start-Ups zu tun?

Ich verknüpfe Start-Ups mit Unternehmen. So können junge Unternehmensgründer interessante Leute kennenlernen, ihr Netzwerk aufbauen und mehr erfahren, zum Beispiel über Betriebsführung oder Marketing. Gleichzeitig entsteht eine Plattform für Firmen, über die sie sich mit Start-Ups austauschen können. Sucht ein Unternehmer zum Beispiel ein bestimmtes Service oder Produkt, connecte ich es mit einem Start-Up, das ein solches jetzt entwickelt. Beide Seiten profitieren vom Innovationsaustausch.

Erfolgsrezept: Regionalisierung plus Digitalisierung

War die Corona-Zeit nur eine schlechte Zeit für Start-Ups?

Viele Start-Ups mit Fokus auf Digitalisierung haben profitiert. Das betrifft etwa den Bereich Homeoffice: Sowohl Hardware als auch Software sind sehr gefragt. Der Bedarf ist enorm gestiegen, es kam über Nacht zu einer signifikanten Nachfragesteigerung. Es gibt noch viele andere Erfolgsstories der letzten Monate. Markta.at zum Beispiel verknüpft regionale Märkte. Schließlich gab es ja Kritik an den langen Lieferketten und der Abhängigkeit vom Ausland. Regionalisierung kombiniert mit Digitalisierung war das Erfolgsrezept. In einigen Bereichen gab es also einen regelrechten Boost. Natürlich: In einer Branche wie dem Tourismus waren die Folgen verheerend.

So stark auf das Internet gestellt zu sein – hat das die Start-Up-Szene auch belastet?

Was den Start-Ups gefehlt hat war der persönliche Austausch über Veranstaltungen. Natürlich hat man versucht, das durch digitale Events zu kompensieren. Damit hatte man auch Erfolg. Es fehlt nur ganz einfach der begleitende Austausch, jene Gespräche, wie man sie auch von Konferenzen kennt. Wien ist die zweitgrößte Kongressstadt der Welt. Online funktioniert ausgezeichnet, wenn es um den fokussierten Austausch geht. Wenn es um das Organisieren oder um einen Vertragsabschluss geht, dann braucht es auch persönliche Treffen. Über Zoom und Co. kann man Projekte abwickeln, die bereits im Laufen sind. Damit Neues entsteht, Kooperationen wachsen und sich Menschen finden, braucht es Live-Events.

Das Internet kann nicht alles ersetzen: Kongresse wie früher wird es in Wien weiterhin geben, meint MantlIG Lebenszyklus Bau

„Es wird wieder Präsenzveranstaltungen geben!“

Sie haben Wiens Rolle als Kongressstadt erwähnt. Muss man sich Sorgen machen?

Es wird wieder Präsenzveranstaltungen geben! Die Leute lechzen danach. Für die Stadt liegt hier eine Wertschöpfung. Wien muss sein Kongressangebot mit touristischen Aspekten verknüpfen. Wissensaustausch plus Tourismus plus Kulinarik – so sieht die Wertschöpfungskette aus. Aber: Übertriebene, hypertrophe Reisetätigkeiten werden zurückgehen. Das wäre auch ohne die Pandemie geschehen. Sie hat den Trend beschleunigt. Auch aus Umweltsicht ist es begrüßenswert, dass wir nicht mehr für jedes Meeting in den Flieger steigen. Die Zukunft wird den Hybrid-Veranstaltungen gehören.

„Es fehlt noch immer an Venture Capital.“

Warum sind die USA und Südostasien Europa bei der Digitalisierung so weit voraus?

In Asien gibt es ein sehr rasches technologisches Wachstum und eine sehr hohe Umsetzungsgeschwindigkeit. Die USA haben noch immer ein gigantisches Marketing-Know-how. Sie verstehen es, sowohl ihre Produkte als auch sich selbst sehr gut zu vermarkten. Hinzu kommt die Technologie-Hoheit: Amazon, Facebook, Instagram, LinkedIn, WhatsApp – das kommt alles aus dem Silicon Valley. Und schließlich gibt es in den USA eine große finanzielle Schwungmasse, verbunden mit hoher Risikobereitschaft. Ich möchte nicht die Failure-Culture zelebrieren, aber man wird bei uns viel schiefer angeschaut, wenn man gescheitert ist – womit ich aber nicht sagen will, dass man das Scheitern zur Maxime unternehmerischen Handelns stilisieren soll. Darüber hinaus sind wir viel bürokratischer. Aus diesen Gründen sind wir vielfach hintennach.

Natürlich möchten die EU und Österreich etwas ändern und fördern Start-Ups mittlerweile über einige Einrichtungen. Zusätzlich braucht es auch die Metaebene und die dazugehörige Atmosphäre. Hier hat sich viel für die Star-Ups entwickelt: Sie sind mittlerweile viel angesehener, man weiß, dass es Innovationen braucht. Es fehlt aber immer noch an Venture Capital. Die drei F – Family, Friends and Fools – die oft für die Finanzierung herhalten, die kann es natürlich geben. Aber es braucht Risikokapital und die entsprechenden steuerlichen Rahmenbedingungen.

Nach Corona: „Spreu wird sich vom Weizen trennen“

Wie ist Österreich aus Ihrer Sicht durch die Krise gekommen?

Die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung haben den Unternehmern sehr geholfen; gerade Klein- und Mittelunternehmen, ebenso der Gastronomie und dem Tourismus. Sie bestätigen Österreichs Vorreiterrolle.

Hier gab es teils weniger Pleiten als in „normalen“ Zeiten. Werden wir einige Pleiten jetzt „nachholen“?

Es wird einerseits ein erfolgreiches Comeback für Österreich geben, allerdings erwartet uns ein harter Herbst. Die Spreu wird sich vom Weizen trennen. Wenn ein Unternehmen nicht lebensfähig ist, wird es im normalen Alltag mit den üblichen Umsatz- und Gewinnerfordernissen, den Lohnnebenkosten, Steuern etc. nicht bestehen können. Ich glaube aber, dass der Fleiß und die Freude, jetzt wieder aktiv zu sein, das kompensieren werden. Viele wollen wieder an der Front sein, im Verkauf, bei ihren Kunden.

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Risiko und Unplanbarkeit gehören zum Unternehmertum

Welche Voraussetzungen muss man als erfolgreicher Unternehmer mitbringen?

Man muss organisiert, inspiriert und motiviert sein. Das sind die zentralen Elemente. Organisiert sein muss man mit Blick auf Personal, Infrastruktur, Logistik, Marketing – ohne dabei gleichzeitig das große Ganze dahinter aus den Augen zu verlieren. Dann braucht es die intrinsische und extrinsische Alltagsmotivation. Manche sind durch den Lockdown zum Beispiel „lethargischer“ geworden, teilweise sogar depressiv, weil ihnen die sozialen Kontakte fehlen. Es geht darum, durch persönliche Begegnungen einen Impetus zu erfahren, der einen stärkt. Als Unternehmer hat man nie nur mit Zahlen zu tun. Es ist eine Leidenschaft und ein Lebensgefühl, und das Risiko ist ein Bestandteil davon. Das Adrenalin gehört dazu.

Junge Unternehmensgründer sind oft besonders motiviert, dafür leben sie zunächst noch in einer Scheinwelt. Andere haben mehr Lebenserfahrung, dafür vielleicht weniger jugendlichen Übermut. Ist man irgendwann zum Unternehmensgründen zu alt?

Es ist nie zu spät! Viele haben erst mit 40 gestartet oder sind sogar noch später erfolgreich geworden. Erfahrung, partielle Gelassenheit, Lebenserfahrung, Abgeklärtheit, kritische Haltung – das braucht es auch. Problematisch ist es aber, wenn jemand sagt: „Das tue ich mir nicht mehr an“, oder: „Das ist mir zu blöd“. Solche Einstellungen widersprechen dem unternehmerischen Gedanken. Es ist immer mit Überraschungen zu rechnen. Man muss zwar planen, aber die Unplanbarkeit gehört zum Alltag. Man muss sich dem wie im Fechtkampf stellen und dabei die feine Klinge schwingen. Das alles gehört zur Dynamik, Buntheit und zum Abenteuer des Unternehmertums.

„Bei uns gibt es auch schnell die Häme beim Scheitern“

Gibt es in Österreich noch eine Unternehmerfeindliche Mentalität? Wird man zum Beispiel schräg angeschaut? Sieht man es kritisch, wenn jemand reich werden möchte? Oder gibt es eine zu skeptische Grundeinstellung im Sinne von: Das wird eh nichts?

Auch da sind uns die USA voraus. Wenn man in Österreich sagt „Ich will erfolgreich sein“, wird man in der Neidgesellschaft schon schief angeschaut. Damit muss man rechnen. Bei uns sagt man „Why?“, in den USA sagt man „Why not?“. Bei uns gibt es auch schnell die Häme beim Scheitern. Und die Steuern und die Lohnnebenkosten sind einfach zu hoch. Wir brauchen geringere Abgaben und weniger Belastung für die Unternehmen. In den USA sind sie bedeutend niedriger. Darüber hinaus sollte irgendwann klar sein: Verkäufer sein ist nichts Schlechtes.

Josef Mantl ist Kommunikationsunternehmer im Bereich Kampagnen, (Online) Events und Social Media, Experte für Netzwerke und Digitalisierung sowie Speaker zu Wirtschafts- und Innovationsthemen. Er ist Vizepräsident der Mobile Marketing Association, Supporting Member von AustrianStartups und Lektor an der FHWien für Management und Kommunikation. Mit seiner Kommunikationsagentur JMC ist er Gründer und Veranstalter der Plattformen „UrbanIn – The Community“ und “Moving Forward – Shaping the Future”.