Aufgrund der hohen Überlastung der Betreuungseinrichtungen wurden die Mindestvoraussetzungen für die Einweisung in den geschlossenen Maßnahmenvollzug nun deutlich erhöht. Für eine Einweisung in den Maßnahmenvollzug – also eine Strafanstalt für Personen, die zum Tatzeitpunkt psychisch beeinträchtigt waren – braucht es nun einen Strafrahmen von mindestens drei Jahren.

Große Probleme "ab dem Moment, wo sie die Medikamente nicht mehr nehmen"

Für Personen unter 21 Jahren sollen die Schranken noch stärker gelockert werden – nur jene, die ein Kapitalverbrechen begangen haben (Strafmaß ab zehn Jahren), können noch in den Maßnahmenvollzug eingewiesen werden. “Diese Menschen können besser außerhalb des Maßnahmenvollzugs betreut werden”, heißt es aus dem Ministerium von Alma Zadic.

Strafrechtsexpertin Katharina Beclin von der Uni Wien widerspricht dem gegenüber dem Ö1 Morgenjournal vehement: “Menschen, denen alles abgenommen wurde und die in einem geschlossenen System waren, werden nun von einen auf den anderen Tag auf die offene Straße gesetzt. Dafür trägt das Justizministerium die Verantwortung.” Sie sehe hier große Probleme auf sie zukommen “Vor allem ab dem Moment, wo sie ihre Medikamente nicht mehr nehmen”.

Entlassungen im mittleren zweistelligen Bereich

Die Straftäter werden bereits jetzt an ihre baldige Entlassung gewöhnt, in dem die Maßnahmen bereits jetzt gelockert werden. Es gäbe auch Angebote für freiwillige Bewährungshilfe. Das Ministerium spricht von Entlassungen im mittleren zweistelligen Bereich. Sozialarbeiter befürchten hingegen eine erhöhte Rückfallquote.

Die Betroffenen seien bisher sehr strukturiert versorgt worden, hätten Einzeltherapie erhalten, Freizeitbeschäftigungen bekommen, Medikamente würden vorbereitet. Dass all diese Sachen nun wegfallen, reiße eine große Lücke in den bisherigen Ablauf. Nun müssen eigentlich strukturelle Maßnahmen für die Versorgung außerhalb geschafft werden – dafür benötige man jedoch finanzielle Mittel.

SPÖ: Massives Sicherheitsrisiko für Betroffene

Kritik kommt von der SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Sie forderte Justizministerin Zadic heute auf, den Übergang vom Maßnahmenvollzug in die Freiheit ordentlich vorzubereiten: “Schon beim Beschluss durch die Bundesregierung haben wir davor gewarnt, beim Maßnahmenvollzug nur den halben Weg zu gehen. Die Justizministerin hat aber anscheinend genau das vor. Das birgt ein enormes Sicherheitsrisiko für die Menschen, die zuvor jahrelang in einer dichten und strukturierten Betreuung waren. Mit einer parlamentarischen Anfrage werde ich überprüfen, ob solche Konzepte überhaupt existieren.“