Schock in den Niederlanden, Dänemark und in Deutschland: Die islamistische Terrororganisation Hamas plante offenbar Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa. Die deutsche und die niederländische Bundesanwaltschaft ließen vier mutmaßliche Hamas-Mitglieder verhaften – wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung.

In Dänemark sprachen die Behörden von drei weiteren verhafteten Verdächtigen, die einen Terrorangriff vorbereitet haben sollen. Im Gegensatz zu den niederländischen und den deutschen Behörden äußerten sie sich nicht zum möglichen Anschlagsziel.

Verdächtige aus arabischen Ländern

Im Zentrum der deutschen und niederländischen Ermittlungen stehen Waffen, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten, berichtete die oberste deutsche Anklagebehörde am Donnerstag in Karlsruhe.

Die Festnahmen seien in Zusammenarbeit mit niederländischen Ermittlungsbehörden erfolgt. In Berlin wurden drei Männer festgenommen: ein ägyptischer Staatsangehöriger, ein Niederländer sowie ein im Libanon geborener Mann. Der Älteste der mutmaßlichen Verschwörer wurde von der Polizei in Rotterdam vorläufig festgenommen. Es handelt sich um einen im Jahr 1967 im Libanon geborenen Mann.

Direkter Austausch mit Hamas-Führung

Die Beschuldigten sollen eng mit den Führungskräften des militärischen Flügels der Hamas zusammengearbeitet haben. Spätestens ab dem Frühjahr 2023 sei einer der in Berlin ansässigen Beschuldigten damit befasst gewesen, im Auftrag der Hamas ein Erddepot mit Waffen in Europa ausfindig zu machen. Es war von der Organisation in der Vergangenheit angelegt worden. Seine Weisungen habe er dafür direkt von Hamas-Führungskadern im Libanon erhalten.

Die Waffen sollten nach Berlin gebracht und für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden. Im Oktober hätten sich die drei in Berlin wohnhaften Männer mehrfach auf die Suche nach den Waffen gemacht. Dabei seien sie von dem nun in Rotterdam festgenommenen Mann unterstützt worden.

Israel stellte nach dem Massaker am 7. Oktober unter anderem automatische Waffen, Magazine und Splitterschutzwesten sicher.Alexi J. Rosenfeld/Getty Images

Bisher diente Deutschland als Rückzugsort

Die Aktivitäten der Männer sollen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober stehen. Der erste Hinweis auf die vier Verdächtigen soll vom vergangenen Sommer stammen.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre dies ein Novum. Bisher war Deutschland für Angehöriger der Terrororganisation Hamas nach Einschätzung des Verfassungsschutzes ein Rückzugsort. Er sei primär für Propaganda – auch und immer intensiver unter Jugendlichen –und für das Sammeln von Spenden genutzt worden. In den Jahren 2002 und 2005 waren deshalb zwei der Hamas nahe stehende Vereine verboten worden. Vereine, die ähnlichen Tätigkeiten nachkommen, gab es damals schon in Österreich. Im Gegensatz zu Deutschland wurden sie jedoch nicht verboten.

Hamas-Mitglieder in Europa warben bisher primär für den Terror im Nahen Osten und sammelten dafür Gelder.Yousef Masoud/SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Sorge vor Anschlägen wächst

„Mein Dank gilt allen Beteiligten, die mit diesem Ermittlungserfolg ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass Juden in Europa weiterhin in Sicherheit und Frieden leben können“, sagte der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP).

Seit dem Terrorangriff vom 7. Oktober wächst die Sorge vor Anschlägen in Europa. Erst Anfang November wurde in Deutschland ein Betätigungsverbot für die Hamas erlassen. Für den deutschen Ableger des palästinensischen Netzwerkes Samidoun wurde ein Vereinsverbot ausgesprochen.

Zentralrat der Juden besorgt und dankt den Behörden

Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußert sich besorgt. Die mögliche Anschlagspläne zeigten „in erschreckender Weise, wie akut die terroristische Bedrohung auch in Deutschland ist“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. „Gleichzeitig ist es beruhigend, mit welch wachem Blick die Sicherheitsbehörden jüdisches Leben in Deutschland schützen. Ihnen gilt mein Dank.“

In Deutschland geht das Bundesamt für Verfassungsschutz von rund 450 Hamas-Mitgliedern aus.