Pamela Rendi-Wagner hat sich in ihrer Rede am SPÖ-Parteitag an der ÖVP abgearbeitet und de facto eine Zusammenarbeit mit deren Führung um Sebastian Kurz ausgeschlossen: “Mit mir an der Spitze der Sozialdemokratie wird es keine Regierungskoalition mit dem System Kurz geben!” Für die breite Öffentlichkeit scheint aber genau das der falsche Weg zu sein. Fraglich nun, ob sich Rendi mit diesem Weg nicht verkalkuliert. Denn mehr als die Hälfte der Österreicher, immerhin 55 Prozent, halten sie nicht für geeignet, um als Spitzenkandidatin anzutreten, innerhalb der SPÖ-Wählerschaft sind es noch immer 21 Prozent.

Dass Rendi-Wagner am Samstag von den Genossen mit deutlicher Mehrheit gewählt wird, überrascht trotzdem nicht. Zum einen fehlt es innerhalb der SPÖ an einer echten Alternative – weder der Wiener Landeshauptmann Michael Ludwig noch der Kärntner Peter Kaiser standen zur Verfügung – zum anderen war es schon immer die Stärke der SPÖ Einigkeit nach außen zu demonstrieren, wenn es notwendig war. Wie es innerhalb der Partei tatsächlich aussieht, lässt sich nur vermuten. Anhand solch schlechter Umfragewerte herrscht in den Gremien jedoch bestimmt Diskussionsbedarf.

Frenetischer Jubel trotz großer Zweifel

Die Abrechnung mit dem “türkisen System” nahm breiten Raum in der Rede ein. Ein nie da gewesener moralischer Tiefstand sei erreicht worden, konstatierte die SPÖ-Chefin in ihrer dreiviertelstündigen Ansprache. Von “zügellosem Treiben” und “Hochmut” war die Rede. Justiz, Medien, Kunst und Kultur und katholische Kirche würden von einer “türkisen Führungstruppe” unter Druck gesetzt, “die eine ehemals staatstragende Partei gekidnappt hat”. “Wie weit soll dieses zügellose Treiben noch gehen”, fragte sich Rendi-Wagner und versicherte begleitet von freundlichem Applaus: “Wir werden uns diesem Hochmut mit aller Kraft entgegenstellen.”

Unter frenetischem Jubel versprach die Partei-Vorsitzende, der “gefährlichen Zügellosigkeit und diesem Hochmut mit aller Kraft” entgegenzustehen.“ Klar sei, es könne keine Partnerschaft mit diesem System geben. „Und deswegen wird es mit mir an der Spitze der Sozialdemokratie keine Regierungskoalition mit dem System Kurz geben!“ Denn es brauche gerade jetzt eine Politik des Anstands, des Respekts, der Ehrlichkeit und sozialer Gerechtigkeit, sagte Rendi-Wagner.

Die SPÖ ist "links der Mitte"

Inhaltlich positionierte sich die Parteichefin deutlich links der Mitte: “Mehr privat, weniger Staat ist gescheitert.” Folgerichtig warb sie für staatliche Beteiligungen. “Made in Austria” sollte wieder in den Vordergrund rücken. Auch kürzere Arbeitszeiten stehen weit oben auf Rendi-Wagners aktueller Agenda. Die Massenarbeitslosigkeit sei ein “Skandal für das Land”. Das Gegenrezept der SPÖ-Vorsitzenden: “Es gibt keinen wirksameren Jobmotor als die Verkürzung der Arbeitszeit, warb sie für die staatlich geförderte Vier-Tage-Woche.

Die Krisenkosten dürften nicht an den Arbeitenden hängen bleiben, verlangte Rendi-Wagner. Stattdessen müssten die Online-Multis ihren “gerechten Beitrag” leisten, auch die Millionäre und Milliardäre über Vermögens- und Erbschaftssteuern: “Breite Schultern müssen schwerere Lasten tragen können.”

Großes Interesse an Wahlausgang

Das meiste Interesse gilt aber wie üblich der Wahl der Vorsitzenden, die vor drei Jahren 97,8 Prozent erreicht hatte. Als Ziel gab Rendi-Wagner im Vorfeld jedoch nur jene rund 71 Prozent aus, die sie bei einer Vertrauensfrage an die Basis im Vorjahr bekommen hatte. Realistisch zu erwarten ist ein Ergebnis von deutlich über 80 Prozent.