Andreas Tögel: Anarchie, Staat, Utopia: Auch heute noch leben freisinnige Denker
Dieser Tage, am 23. Januar, jährt sich der Todestag des libertären US-amerikanischen Philosophen Robert Nozick zum 20. Mal. In seinem 1974 veröffentlichten Opus magnum mit dem Titel “Anarchie Staat Utopia”, entgegnet er den Vorstellungen linker Theoretiker wie John Rawls, die sich als Protagonisten der Gesellschaftsvertragstheorie hervortun.
Aus der Einleitung zitiert: “Die Menschen haben Rechte, und einiges darf ihnen kein Mensch und keine Gruppe antun (ohne ihre Rechte zu verletzen). Diese Rechte sind so gewichtig und weitreichend, daß sie die Frage aufwerfen, was der Staat und seine Bediensteten überhaupt tun dürfen. Wieviel Raum lassen die Rechte des Einzelnen für den Staat?”
Es geht somit, anders als in der Gedankenwelt von Sozialisten und anderen Kollektivisten, in der Individualrechte nichts gelten, um die unveräußerlichen Rechte des Individuums. Im genannten Werk bricht der Autor eine Lanze für einen „Minimalstaat“. Der wurde von einem der Gründerväter der deutschen Sozialdemokratie, Ferdinand Lasalle, verächtlich „Nachtwächterstaat“ genannt.
Nozick grenzt sich von radikaleren Denkern wie Murray Rothbard oder Hans-Hermann Hoppe ab, die den Staat grundsätzlich in Frage stellen und durch eine privatrechtlich organisierte Vertragsgesellschaft ersetzen wollen. Gegenwärtig werden übrigens in mehreren lateinamerikanischen Staaten Versuche unternommen, diesen Gedanken in die Praxis umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich diese theoretischen Überlegungen verwirklichen lassen
Beschäftigung mit den Gedanken Nozicks erhellend
In vollständig sozialdemokratisierten Gesellschaften wie der unseren, in denen der Staat sich zu einem alle Lebensbereiche durchdringenden, bevormundenden, regulierenden, umverteilenden und kommandierenden Monstrum ausgewachsen hat, (Thomas Hobbes hat den allmächtigen Staat nicht unabsichtlich „Leviathan“ genannt), ist eine Beschäftigung mit den Gedanken Nozicks erhellend. Heute sehen es die meisten Zeitgenossen ja schon als utopische Vorstellung an, dass die Gesundheits- Unfall- Kranken- und Pensionsversicherung, die Bildung, der Straßenbau und die Organisation des öffentlichen Verkehrs, nicht zu den vornehmsten Staatsaufgaben gehören (die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit). Dass mündige, wahlberechtigte Bürger ihre Angelegenheiten auch in die eigenen Hände nehmen könnten, erscheint dieser Tage als unerhörte Zumutung.
Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises 1976, Milton Friedman, hat im Jahr 1984 ein Buch mit dem Titel „Tyrannei des Status quo“ vorgelegt, in dem es genau darum geht: Man kann sich, weil es eben immer schon so war, einfach nicht mehr vorstellen, dass es auch anders sein könnte. Was für ein Glück, dass der Staat nie die Textilproduktion an sich gerissen hat: Nicht auszudenken, in welch schäbige one-size-fits-all-Uniformen gehüllt wir alle daherkämen.
Basis der wirtschaftlichen Freiheit bildet das Privateigentum
Wie Ludwig Mises bestechend logisch argumentiert, ist die wirtschaftliche von der gesellschaftlichen Freiheit nicht zu trennen. Die Basis der wirtschaftlichen Freiheit aber bildet das Privateigentum, das im Minimalstaat entsprechend hochgeschätzt und verteidigt wird. Im rezenten Wohlfahrtsstaat hingegen, wird die Bedeutung privaten Eigentums systematisch unterhöhlt und mit „Sozialpflichten“ belastet.
Am Ende bleibt gerade noch sein formaler Titel übrig, während die ursprüngliche Bedeutung, die in der uneingeschränkten Verfügungsmacht des Herren über sein Eigentum besteht, dahin ist. Beispiel: Ein Wirt, der nicht mehr frei darüber entscheiden kann, wen er in sein Lokal einlässt und wen nicht, und dass da – horribile dictu – sogar geraucht werden darf, ist kein unternehmerischer Eigentümer mehr, sondern – wie auch im Kommunismus üblich – ein Betriebsführer.
Right is right and left is wrong
Mit Robert Nozick sind liberale, wohlfahrtsstaatskritische Ideen nicht ausgestorben. So hat der in Brasilien lebende und lehrende Ökonom Anthony Müller, soeben ein Buch mit dem Titel „Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie“ vorgelegt, in dem er den Wert einer auf der wirtschaftlichen Freiheit des Einzelnen aufbauenden Gesellschaftsordnung betont.
Die traurige Tatsache, dass der auf kulturmarxistischen Fundamenten ruhende Zeitgeist der politischen Korrektheit von Triumph zu Triumph eilt, ändert nichts an der Richtigkeit einer von Friedrich August von Hayeks fundamentalen Einsichten: Sozialismus ist nie ein bisschen richtig, sondern immer ganz falsch. Oder, um es mit den Worten des konservativen Universalgelehrten und Kosmopoliten Erich von Kühnelt-Leddihn zu sagen: Right is right and left is wrong.
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