Andreas Tögel: Wirtschaftssanktionen gegen Russland: Sinnlos und autodestruktiv
Arbeitsteilung und Freihandel bilden die Basis des Wohlstands. Wer gegenwärtig etwas für Frieden und Wohlstand in Europa tun will, sollte in der Ukraine eine für alle Seiten akzeptable Verhandlungslösung forcieren. Kriegstreiberei und Wirtschaftssanktionen dienen nicht diesem Zweck.
Im Internetlexikon Wikipedia heißt es unter dem Stichwort Wirtschaftssanktionen: „…sind alle Versuche der Einflussnahme auf das Verhalten anderer Staaten mittels wirtschaftlicher Instrumente (…) Kritikpunkte…finden sich vor allem in Bezug auf die humanitäre Situation der Bevölkerung (…) Daher besteht die Gefahr, dass verhängte Sanktionen eher kontraproduktiv wirken können.“ Wie wahr!
Was fehlt, ist der Hinweis auf die Anmaßung, mit der Regierungen sich zum Vormund ihrer Untertanen aufschwingen, indem sie diesen Transaktionen mit bestimmten Akteuren außerhalb des eigenen Herrschaftsbereichs verbieten. Was geht es die Politik an, mit wem die Bürger Geschäfte abschließen? Es geht sie innerhalb eines Staates nichts an (zumindest ist noch kein Landeshauptmann auf die Idee gekommen, Wirtschaftssanktionen gegen andere Bundesländer zu verhängen) und es geht sie auch hinsichtlich des Außenhandels nichts an.
Handelshemmnisse bedeuten Nachteile für alle
Freihandel und Arbeitsteilung, das sollte seit den Tagen Adam Smiths klar sein, bilden die Basis für den Wohlstand der Nationen. Handelsbeziehungen, die nicht durch Zölle und andere Wirtschaftshemmnisse behindert werden, liefern Vorteile für alle Beteiligten. Daraus folgt, dass durch Regierungen oktroyierte Handelshemmnisse Nachteile für alle bedeuten.
Umverteilungslustige Sozialingenieure erklären uns, dass die „sozial Schwachen“ in besonderer Weise unter der Teuerung leiden. Das stimmt sogar! Da aber die westlichen Regierungen derzeit gegen Mordor – Pardon – Wladimir Putins Russland, täglich neue Wirtschaftssanktionen verhängen, sind sie die Urheber der Probleme, in die Mindestrentner, Geringverdiener und auch nicht wenige Unternehmen und deren Mitarbeiter derzeit geraten. Diese Wirtschaftsbeschränkungen treffen nicht nur Russen, die schon bisher nicht im Überfluss gelebt haben und denen es künftig noch schlechter gehen wird, sondern auch Europäer und Amerikaner.
Alarmierender Zugriff auf das Privatvermögen von Putin-Freunden
Zwar leuchten die hellsten Leuchten gewiss nicht in Parlamenten und Ministerien, aber zwei und zwei zusammenzuzählen, sollte man auch Politikern und Staatsbürokraten zutrauen können: Dass jede einzelne der verhängten Sanktionen einen Schuss ins eigene Knie bedeutet, liegt auf der Hand. Die Explosion der Energiepreise ist der Beweis, und die dräuende Lebensmittelknappheit wird den nächsten liefern. Und wer ernsthaft glaubt, Wladimir Putin würde seine völkerrechtswidrige Offensive wegen im Westen aufgeführter Veitstänze einstellen, sollte rasch auf stärker wirkende Medikamente umsteigen.
Auf die Zugriffe verschiedener westlicher Regierungen auf Vermögenswerte vermeintlicher oder tatsächlicher Freunde des Putin-Regimes, hat Christian Ortner an dieser Stelle in der Vorwoche hingewiesen. Die bloße Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, derzeit sind es vermögende Russen, kann in Europa neuerdings zum Verlust des Privatvermögens führen. Ein alarmierendes Signal: Privates Eigentum ist vogelfrei und der puren Willkür der Machthaber ausgeliefert. Dem „falschen“ Personenkreis angehören, oder einmal mit der falschen Person gesehen werden – schon ist die Villa, die Yacht oder ein Bankkonto futsch. Eine neue Art der Staatsfinanzierung: Der hoheitlich veranlasste Raubüberfall.
Wo soll das Geld für die Aufrüstung herkommen?
Nur zur Klarstellung: Hier wird nicht der Schonung dubioser Figuren das Wort geredet. Es geht vielmehr um den Schutz privaten Eigentums vor willkürlichen Zugriffen des Leviathans! Was heute nämlich bösen „Oligarchen“ widerfährt, kann morgen schon als „Ausbeuter“, „Klimasünder“ oder „politisch unkorrekt“ denunzierten Personen passieren. Das gilt es zu verhindern!
Wirtschaft ist nicht alles. Aber ohne funktionierende Wirtschaft ist alles nichts. Wo etwa sollen die horrenden Summen herkommen, die von EU-Granden und Provinzregierungsmitgliedern plötzlich in die Aufrüstung der Westarmeen gesteckt werden sollen, wenn die Konjunktur einbricht und viele Unternehmen sanktionsbedingt Pleite gehen oder sich nach Übersee davonmachen? Dass unproduktive Soziologen, Kommunikations- und Genderwissenschaftler, Gleichstellungsbeauftragte, Quotenwächter und Caritasaktivisten diese Verluste wettmachen können, ist auszuschließen.
Den Schaden der Sanktionen tragen nie die politischen Eliten
Die Energieabhängigkeit Europas von einem unter Putin totalitär gewordenen Russland zu kritisieren, ist derzeit wohlfeil. Ob aber etwa der vom deutschen Wirtschaftsminister Habeck vollzogene Kotau vor Potentaten der arabischen Despotie Qatar einen Fortschritt darstellt, darf bezweifelt werden.
Wer gegenwärtig etwas für Frieden und Wohlstand in Europa tun will, sollte eine für alle Seiten akzeptable Verhandlungslösung forcieren. Kriegstreiberei und Wirtschaftssanktionen dienen nicht diesem Zweck. Ein Blick in die Geschichtsbücher hilft: Stets wurden totalitäre Regime durch Druck von außen gestärkt und nicht geschwächt. Den durch Drohungen und Sanktionen angerichteten Schaden tragen niemals die politischen Eliten, sondern immer die Beherrschten – und zwar die beider Seiten.
Kommentare