Anna Dobler: Gendern schadet dem Erfolg
Während in öffentlich-rechtlichen Medien zunehmend sprachlich gegendert wird, setzen privatwirtschaftlich organisierte Medienhäuser Gendersternchen und Binnen-I nur zurückhaltend bis gar nicht ein. Hauptgrund: Die Mehrheit der Gesellschaft will das schlicht nicht. Gendern muss man sich also auch leisten können.
Gleich eins vorweg: Grundsätzlich ist es sinnvoll, wenn Medien Männer wie Frauen gleichermaßen abbilden, sei es in Form von auf Fotos, als Interview-Partner, in der Themenauswahl oder in Form sogenannter „Wortspenden“. Diese Einschätzung beruht aber weniger auf ideologischen Gründen, sondern vor allem auf marktwirtschaftlichen: Studien haben nämlich herausgefunden, dass über 70 Prozent der Kaufentscheidungen in einem Haushalt von Frauen getroffen werden, und Frauen fühlen sich eher zu Produkten hingezogen, in denen Frauen sie auch
abgebildet werden. Sie lediglich „mitzumeinen“, indem man von Wähler*innen statt dem grammatikalisch korrekten Wähler schreibt, greift dabei zu kurz. Es ändert unterm Strich rein gar nichts daran, dass öffentliche Akteure nach wie vor überwiegend männlich sind und daher das öffentliche Bild zwangsläufig dominieren.
Nicht mal die Frauen finden das Gendern gut
Und Fakt ist: Die Mehrheit der Gesellschaft lehnt laut Umfragen Gendersternchen und Binnen-I ab. Das ergab eine Umfrage von Infratest-Dimap im Auftrag der „Welt am Sonntag“: Demnach wollen 56 Prozent der Bevölkerung nicht, dass in journalistischen und literarischen Texten sowie in politischen Reden gegendert wird. Nur gut ein Drittel der Befragten ist ganz oder eher dafür. Auch eine knappe Mehrheit der befragten Frauen (52 Prozent) steht solch sprachlichen Kapriolen klar ablehnend gegenüber.
"Haltungsjournalismus" gendert sich gern die Realität zurecht
Die journalistische Praxis zeigt, dass es hauptsächlich Jüngere sind, die in ihren Texten gendern wollen. Oft kommen sie frisch von Universitäten, wo es nicht selten verpflichtend ist – besonders ist in kultur- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen, die nicht selten von angehenden Journalisten belegt werden. Ältere, die denken, sie müssten ihre Texte gendern, sind nach wie vor in der Minderheit. Sie vertreten auch oft eine ein stark ideologisch geprägtes Berufsbild, das sich unter dem Schlagwort „Haltungsjournalismus“ zusammenfassen lässt, der bisweilen Weltanschauungen als zentraler einstuft als nüchterne Fakten.
Im Endeffekt aber regelt der Markt diese leidige Frage, denn die wirtschaftlich erfolgreichsten Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz gendern allesamt nicht.
Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg, lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.
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