Bernhard Heinzlmaier: Das Ende der zweiten Ära Kurz
Wer noch nicht verstanden hat, was postmoderne Verhältnisse sind, der begreift es spätestens jetzt, wenn er die Grünen dabei beobachtet, wie sie Politik betreiben. Die Postmoderne ist das Zeitalter der Beliebigkeit, des Rollenspiels, des permanenten Identitätswechsels, meint eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier.
Die Grünen sind wandelbar wie der Baldanders des Simplizissimus. Dieser bringt es zustande, sich kurz hintereinander von einer Sau in einen Kuhfladen, dann in eine grüne Wiese und am Ende in einen Vogel zu verwandeln, der abhebt und im Nichts verschwindet. Die Grünen haben es vor aller unserer Augen vermocht, sich von einer radikalen linksidentitären Kampftruppe in einen ökobürgerlichen Schleppenträger einer neoliberal-konservativen türkisen Hybridpartei zu verwandeln. Leider besitzt aber nur die Führung der Grünen um die Verwandlungskünstler Kogler und Maurer die Fähigkeit zur Vielgestaltigkeit. Im Gegensatz zu diesen ist die Basis von Fundamentalisten durchsetzt. Vielen von diesen ist bei der letzten Wahl der Einzug ins Parlament gelungen. Dort warten sie seit Monaten auf nichts anderes, als die Koalition mit den Türkisen in die Luft zu sprengen. Der kommende Dienstag wäre ihr Tag gewesen, hätte nicht Sebastian Kurz im letzten Augenblick mit seinem „Schritt zur Seite“ dieses Zerstörungswerk verhindert.
Wie die SPÖ sind die Grünen ein Trojanisches Pferd. Nach außen lassen diese Parteien Angehörige der linksliberalen Bourgeoisie auftreten, in ihrem Inneren hat eine junge linke Truppe längst die Macht übernommen, die sich aus Öko-Totalitaristen, traditionellen marxistischen Linken und der sogenannten Bewegungslinken zusammensetzt, die aus radikalen Me-too-Aktivisten, Vertretern der staatsfeindlichen Antifa, Black-Lives-Matter-Fundamentalisten und LGBTQ+-Extremisten besteht.
Am weitesten fortgeschritten ist die klandestine Transformation der grünen und sozialdemokratischen Parteien in stramm linke Organisationen in der deutschen Sozialdemokratie, wo in der Bundestagsfraktion bereits 50 Abgeordnete der Jusos sitzen, die allesamt dem linken Flügel rund um Saskia Esken und Kevin Kühnert zuzuordnen sind. Zur Beruhigung der überwiegend bürgerlichen und kleinbürgerlichen Wählerschaft der SPD, wird der nächste deutsche Kanzler Olaf Scholz die von Merkel begonnene Narkotisierung der Zivilgesellschaft fortführen. Im Hintergrund bereiten sich währenddessen die radikalen Linken auf den historischen Moment vor, die Macht zu übernehmen und einen ökototalitären-planwirtschaftlichen Leviathan zu errichten, gegen den die DDR ein liberaler Staat war.
Progressiv-neoliberale Medien haben Sebastian Kurz aufs Korn genommen
Gleichzeitig hat sich über Jahre hinweg eine progressiv-neoliberale Mediokratie etabliert, die weitgehend die gesamte Medienlandschaft beherrscht und nur das berichtet, was in ihr Weltbild passt. Will man Einblicke zum Beispiel in die gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen in den Unternehmen des digitalen Kapitals bekommen, muss man Nischenmedien wie die Junge Welt, Neues Deutschland oder Konkret lesen. Will man erfahren, wie sich die Antifa die Adressen rechts-konservativer Aktivisten besorgt, diese aufsucht und sie krankenhausreif schlägt, ist die Lektüre der Jungen Freiheit unumgänglich.
Die progressiv-neoliberalen Medien haben nun in Österreich Sebastian Kurz aufs Korn genommen. In einer schon über Monate währenden konzertierten Aktion wird eine Berichterstattung über das sogenannte „System Kurz“ verbreitet, die in erster Linie aus haltlosen Anschuldigungen und dem Durchstechen von privaten Kommunikationen besteht, die der Intimsphäre der handelnden Personen entnommen und ins grelle Licht einer immer hysterischer und fieberhafter werdenden Medienkampagne gestellt werden.
Wie die Pegida-Bewegung in Deutschland, die ewig die politisch hohle Phrase „Merkel muss weg“ skandierte, geht es auch den Protagonisten dieser Alternative für Österreich nur darum, Sebastian Kurz abzuservieren. Was dann kommt, ist egal, Hauptsache der Dämon ist beseitigt. Vorübergehend bastelten Grüne, Sozialdemokraten und die dem Fetisch des ungezügelten Marktes verfallenen Neos sogar schamlos an einer Querfront-Regierung mit den Freiheitlichen. Also jene Leute, die seit mehr als 20 Jahren die Ausgrenzung der FPÖ betreiben und alle jene als Nazis diskreditieren, die wie die burgenländische SPÖ, ein politisches Bündnis mit den Freiheitlichen eingegangen sind. Hat man aber selbst die Macht vor Augen, ist dann alles erlaubt. Schon nach den Nationalratswahlen 2017 hat die Gruppe um den gescheiterten SPÖ-Vorsitzenden Christian Kern die FPÖ des H.C. Strache hinter den Kulissen förmlich um eine Koalition gegen Kurz angebettelt. Drei Jahre später hat nun auch die völlig orientierungslose Noch-Vorsitzende Rendi-Wagner, deren ungelenkes rhetorisches Herumgerudere auf der politischen Bühne nur mehr der Erheiterung des Wahlvolkes dienen kann, die Querfrontkarte ausgespielt und sich als Kanzlerin von Herbert Kickls Gnaden ins Spiel gebracht. Nachdem nun durch den intelligenten Schachzug von Sebastian Kurz die Querfront-Option zusammengebrochen ist, wird ab sofort wieder jeder von Frau Rendi-Wagner und Co in die rechte Ecke gestellt werden, der es wagt, auch nur den Namen Herbert Kickls auszusprechen. O tempora, o mores, möchte man ausrufen angesichts einer solchen Impertinenz.
Zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Jahren wird die Regierung gesprengt
Zu Sebastian Kurz passt gut der Satz von Michel Houellebecq, der da lautet, „haben sie keine Angst vor dem Glück; es existiert nicht“. Schon zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Jahren wird ihm eine Regierung unter dem sprichwörtlichen Hintern weggesprengt. Beim ersten Mal war es eine an Lächerlichkeit nicht zu überbietende Suff- und Kokskomödie, in die ein offensichtlich von allen guten Geistern verlassener H.C. Strache hineintorkelte. Er meinte den großen Macker vor einer falschen attraktiven Oligarchin aus dem Osten heraushängen lassen zu müssen und ließ sich dabei auch noch von einem windigen Privatdetektiven filmen. Diese besoffene Groteske wurde dann von geschickten Silbenstechern und Wort- und Bildverdrehern, keiner weiß, warum man sie noch immer Journalisten nennt, zu einer politischen Räuberpistole zusammengepfriemelt und führte zum Ende der Koalition mit der Freiheitlichen Partei.
Dann kam Sebastian Kurz auf die Grünen, eine naheliegende Option, gehen im Westen Österreichs doch schon einige Landesparteien der Grünen Partei mit der ÖVP längere Zeit andächtig gemeinsam in die Sonntagsmesse. Hier scheint sich die postmoderne New-Age-Kultur mit Formen traditioneller Religiosität zu einer neuartigen spirituellen Mixtur verbunden zu haben.
Auf dem schleimig-glatten Wiener Bankett war die Verbindung Türkis-Grün von Anfang an weit davon entfernt, symbiotisch zu sein. Die unerfahrene Sigrid Maurer hatte die grüne Parlamentsfraktion niemals wirklich im Griff und der in die Jahre gekommene Haudegen Werner Kogler hatte seinen Zenit wohl schon zum Zeitpunkt überschritten, als er die Funktion des Vize-Kanzlers übernahm. Weil die Grünen das mit ihrem Hintern umwarfen, was Sebastian Kurz mit seinem Kopf aufgebaut hat, muss dieser nun wieder mit seinem Werk von vorne beginnen. Aber er ist ja noch jung und hat Zeit.
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